98. Die Theorie des Phänomens der Apporte und der physischen Manifestationen im Allgemeinen wird auf eine bemerkenswerte Art in der nachfolgenden Abhandlung von einem Geist zusammengefasst, dessen Mitteilungen den unbestreitbaren Charakter der Tiefe und der Logik in sich tragen. Man wird davon mehrere im Verlauf dieses Werkes finden. Er machte sich unter dem Namen Erastus bekannt, einem Schüler des heiligen Paulus, als Schutzgeist jenes Mediums, das ihm als Vermittler diente.
„Man muss, um ein Phänomen dieser Art zu erzielen, notwendigerweise Medien bei sich haben, welche ich sensitiv nennen würde, das heißt in einem sehr hohen Grad mit der medialen Fähigkeit der Ausdehnung und Durchdringung begabt, weil das Nervensystem dieser Medien, welches leicht erregbar ist, ihnen gestattet, mittels gewisser Vibrationen ihr animalisiertes Fluidum reichlich um sich zu verbreiten.“
Die für Eindrücke empfänglichen Personen, deren Nerven bei der geringsten Empfindung, bei der geringsten Sensation, welche der moralische oder physische innere oder äußere Einfluss bewirkt, zittern, sind sehr geeignet, ausgezeichnete Medien für die physischen Effekte der Fühlbarkeit und der Apporte (Überbringung) zu werden. In der Tat, ihr Nervensystem, fast völlig ohne die widerstandsfähige Hülle, die dieses System bei den meisten anderen Inkarnierten isoliert, macht sie zur Entwicklung dieser verschiedenen Phänomene geeignet. Folglich erhält man mit einem Menschen von dieser Natur, wenn dessen andere Eigenschaften seine Medialität nicht behindern, viel leichter Phänomene der Fühlbarkeit, Klopfgeräusche an Mauern, Möbeln, intelligente Bewegungen, und selbst das Erheben schwerer, träger Materie in der Luft. Dieses Resultat erhält man erst recht, wenn man anstatt eines mehrere ebenso gut begabte Medien zur Verfügung hätte.
Aber von der Erzeugung dieser Phänomene bis zum Zustandekommen des Phänomens eines Apports ist ein weiter Weg; denn in diesem Fall ist die Arbeit des Geistes komplexer, schwieriger, und noch mehr; der Geist kann nur mit einer einzigen medialen Hilfe wirken, das heißt, dass mehrere Medien zu Hervorbringung einer und derselben Erscheinung nicht zugleich wirken können. Im Gegenteil, es geschieht sogar, dass die Gegenwart einiger dem Geiste unsympathischen Personen die Operation gänzlich behindert. Zu diesen Motiven, die wie ihr seht, nicht ohne Gewicht sind, fügt noch hinzu, dass Apporte stets eine größere Konzentration und zugleich ein größeres Ausströmen gewisser Fluida erfordern, und dass sie nur mit den begabtesten Medien erhalten werden können, nämlich mit jenen, deren elektromediumistischer Apparat7 die besten Bedingungen anbietet.
Überhaupt bleiben die Phänomene der Apporte außerordentlich selten. Ich brauche euch nicht zu beweisen, warum sie seltener sind und sein werden, als die anderen Phänomene der Fühlbarkeit. Aus dem was ich sage, werdet ihr es selbst ableiten können. Übrigens sind diese Phänomene von einer solchen Natur, dass dazu nicht alle Medien geeignet sind, aber auch, dass selbst nicht alle Geister sie hervorbringen können. In der Tat muss zwischen dem Geist und dem beeinflussten Medium eine gewisse Affinität, eine gewisse Übereinstimmung, mit einem Wort, eine Ähnlichkeit herrschen, welche es dem ausdehnbaren Teil des perispiritistischen * Fluidums des Medium gestattet, sich mit dem des Geistes welcher ein Apport-Phänomen ausführen will, zu vermischen, zu verbinden und zu kombinieren. Diese Verschmelzung muss so beschaffen sein, dass die daraus hervorgehende Kraft sozusagen eine einzige ist, wie ein elektrischer Strom auf Kohle einwirkend nur ein Herd, eine einzige Helligkeit hervorbringt. Wozu die Vereinigung, wozu dieses Verschmelzung, werdet ihr sagen? Weil zur Erzeugung dieser Erscheinungen die wesentlichen Eigenschaften des handelnden Geistes durch einige des Mediums vermehrt, werden müssen; weil das Lebensfluidum, welches zur Erzeugung aller medialen Phänomene ausschließlich dem Körper des Mediums entstammt, und weil der handelnde Geist darauf angewiesen ist, sich davon durchdringen zu lassen. Nur dann kann er mit Hilfe gewisser Eigenschaften eurer Umgebung, welche euch unbekannt sind, gewisse materielle Gegenstände absondern, bewegen und selbst Personen unsichtbar machen.
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* Anmerkung von Allan Kardec: Wenn in unserem Wortschaft keine Begriffe zu finden sind, um Neues erklären zu können, dann sind die Geister in der Lage neue Worte zu bilden. Begriffe wie „elektromediumistischer-Apparat“ oder „Perispiritistischen“ wurden nicht von uns erdacht. Personen, die uns kritisierten, weil neu Worte wie Spiritismus, Spiritist und Perispirit erschaffen wurden, weil gleichbedeutende Worte nicht vorhanden waren, können jetzt gleichermassen die Geister dafür kritisieren.
Es ist mir für den Augenblick nicht erlaubt, euch die besonderen Gesetze zu enthüllen, welche die euch umgebenden Gase und Fluida regieren; aber bevor einige Jahre verflossen sind, bevor ein Menschenalter vollendet sein wird, wird euch die Erklärung dieser Gesetze und dieser Phänomene enthüllt werden, und ihr werdet eine neue Vielfalt von Medien kommen sehen, die in einen besonderen kataleptischen Zustand fallen, wenn sie in einer mediumistische Sitzung ihre mediale Fähigkeit ausüben. Ihr seht, von wie vielen Schwierigkeiten die Erzeugung von Apporten umgeben ist; ihr könnt daraus sehr logisch schließen, dass die Erscheinungen dieser Art äußerst selten sind, um so mehr, weil sich die Geister dazu nur selten hergeben, weil es für sie eine gleichsam materielle Arbeit verursacht, was für sie langweilig und ermüdend ist. Andererseits kommt noch das hinzu, dass ihnen der Zustand des Mediums selbst trotz ihrer Energie und ihres Willens sehr oft ein unüberwindliches Hindernis entgegenstellt.
Es ist also einleuchtend und euer Urteilsvermögen bestätigt es, daran zweifle ich nicht, dass die wahrnehmbaren Tatsachen an Körpern, ihre Bewegung und Hebung einfache Erscheinungen sind, die durch die Zusammenziehung und Ausdehnung gewisser Fluida entstehen und die durch den Willen und die Arbeit der Medien hervorgerufen werden können, welche dazu geeignet sind, wenn sie dabei von freundschaftlichen und wohlwollenden Geistern unterstützt werden; während die Phänomene der Überbringung, vielhaltig und verwickelt sind und ein Zusammentreffen von besonderen Umständen verlangen, und nur von einem einzigen Geist und durch ein einziges Medium hervorgebracht werden können, und überdies noch der Notwendigkeit der Berührbarkeit eine ganz besondere Verbindung erfordern, um den Gegenstand oder die Gegenstände, welche das Objekt der Übertragung bilden, zu isolieren und unsichtbar zu machen.
Ihr alle, Spiritisten, ihr versteht meine Erklärungen, und macht euch dieses Zusammenwirken der besonderen Fluida für Apporte von Gegenständen und die Fühlbarkeit der trägen Materie vollkommen bewusst; ihr glaubt daran so wie ihr an die Erscheinungen der Elektrizität und des Magnetismus glaubt mit welchen die medialen Tatsachen voll Ähnlichkeiten sind, und die sozusagen deren Grundlage und Entwicklung sind. Was die Ungläubigen und die Gelehrten betrifft, die schlimmer sind als die Ungläubigen, so ist es nicht meine Sache, sie zu überzeugen; ich beschäftige mich nicht mit ihnen, sie werden eines Tages durch die Kraft der Eindeutigkeit zur Überzeugung kommen; denn sie werden sich vor dem übereinstimmenden Zeugnis der spiritistischen Tatsachen neigen müssen, so wie sie gezwungen waren, sich vor so vielen anderen großen Tatsachen zu neigen, die sie anfänglich verworfen haben.
Um mich kurz zu fassen, wenn die Tatsachen der Fühlbarkeit häufig vorkommen, so sind die der Überbringung von Gegenständen durch Geister sehr selten, weil die Bedingungen sehr schwierig sind; deshalb kann kein Medium sagen: „Zu dieser Stunde und in jenem Momente kann durch mich ein Überbringungs-Phänomen stattfinden, denn oft ist der Geist selbst in seinem Wirken verhindert. Ich muss noch hinzufügen, dass diese Erscheinungen vor dem Publikum doppelt schwierig auszuführen und nicht zu garantieren sind; denn man begegnet fast immer energetisch hinderlichen Elementen, die die Wirkungen des Geistes lähmen und mit der größten Wahrscheinlichkeit auch die Tätigkeit des Mediums. Haltet es im Gegenteil für gewiss, dass die Phänomene sich fast immer einzeln, spontan und am häufigsten ohne Wissen des Mediums und ohne Vorbedacht und schließlich sehr selten zeigen. Daraus müsst ihr schließen, dass man einen triftigen Grund zum Verdacht hat, wenn sich ein Medium rühmt, diese Erscheinungen nach Willkür zu bekommen, oder anders gesagt, den Geistern befehlen zu können, wie Dienern, was ganz absurd ist. Haltet es für eine allgemeine Regel, dass die spiritistischen Phänomene nicht dazu gemacht sind, um als Schauspiele aufgeführt zu werden und um zu unterhalten. Wenn sich einige Geister dazu herablassen, so können die nur einfachen Phänomene sein, aber nicht solche wie die Übertragungen durch Geisterhand und andere ähnliche, welche außergewöhnlich günstige Bedingungen fordern.
Erinnert euch, Spiritisten, dass, wenn es absurd ist, alle Phänomene vom Jenseits systematisch zu verwerfen, es ebenso wenig klug ist, sie alle blind anzunehmen. Wenn sich ein Phänomen der Fühlbarkeit, des Sichtbarwerdens oder ein Apport spontan und auf unbestrittene Art zeigt, so nehmt es an, aber ich kann es euch nicht genug wiederholen, nehmt nichts blindlings an; jede Tatsache werde einer genauen, gründlichen und strengen Prüfung unterzogen, denn glaubt mir, der Spiritismus, so reich an erhabenen und großartigen Erscheinungen, gewinnt nichts bei diesen kleinlichen Manifestationen, welche geschickte Gaukler nachahmen können.
Ich weiß, dassihr mir sagen werdet, diese Phänomene sind nützlich, um die Ungläubigen zu überzeugen; aber wenn ihr keine anderen Mittel der Überzeugung hättet, so hättet ihr heutzutage nicht den hundertsten Teil Spiritisten. Sprecht zum Herzen, auf diese Art werdet ihr die meisten ernsthaften Bekehrungen bewirken. Wenn ihr es für gewisse Personen für nützlich erachtet, durch materielle Tatsachen zu überzeugen, so stellt sie wenigstens unter solchen Umständen dar, dass sie nicht zu falscher Auslegung Anlass geben können; denn die unter schlechten Bedingungen vorgeführten Tatsachen liefern den Ungläubigen Gegenargumente, anstatt sie zu überzeugen. (Erastus)