Entwicklung der Medialität
200. Wir werden uns hier hauptsächlich mit den schreibenden Medien beschäftigen, weil es die am meisten verbreitete Art der Medialität ist, und überdies zugleich die einfachste und bequemste Art, welche die befriedigendsten und vollständigsten Resultate liefert. Es ist auch diejenige, die sich jedermann wünscht. Es gibt unglücklicherweise bis heute kein Kennzeichen, welches uns auch nur annäherungsweise andeuten würde, dass man diese Gabe besitzt. Die physischen Zeichen, welche einige Personen für solche Anzeichen gehalten haben, haben nichts Sicheres an sich. Man trifft sie bei Kindern und Greisen bei Männern und Frauen, mag das Temperament, der Zustand der Gesundheit, der intellektuelle oder moralische Grad der Entwicklung sonst wie beschaffen sein. Es gibt nur ein einziges Mittel, das Vorhandensein zu erproben, nämlich es zu versuchen.
Man kann die Schrift, wie wir ausgeführt haben, durch Körbchen, Brettchen oder unmittelbar mit der Hand erhalten. Da dieses letzte Mittel das leichteste ist, und man kann sagen, das einzige, welches heutzutage angewendet wird, so laden wir dazu ein, sich dessen zu bedienen. Der Vorgang ist sehr einfach. Er besteht einzig und allein darin, Bleistift und Papier zu nehmen, und die Haltung einer schreibenden Person einzunehmen ohne weitere Vorbereitung. Aber um zum Ziel zu gelangen, sind einige Ratschläge unerlässlich.
201. Was die materielle Lage betrifft, so empfehlen wir alles zu vermeiden, was die freie Bewegung der Hand behindern könnte. Es ist sogar vorzuziehen, dass sie nicht auf dem Papier ruht; die Spitze des Bleistifts muss genug aufliegen, um zu schreiben, aber nicht genug, um Widerstand zu leisten. Alle diese Vorsichtsmaßnahmen werden unnütz, sobald man dahin gelangt ist, geläufig zu schreiben, denn dann kann kein Hindernis das aufhalten: Das sind nur die Vorbereitungen für den Schüler.
202. Es ist einerlei, sich einer Feder oder eines Bleistiftes zu bedienen. Manche Medien ziehen die Feder vor, aber sie passt nur für die, welche bereits gebildet sind und die bedächtig schreiben. Es gibt einige, die mit einer solchen Geschwindigkeit schreiben, dass der Gebrauch einer Feder fast unmöglich oder wenigstens sehr unbequem wäre. Ebenso verhält es sich, wenn die Schrift zackig und unregelmäßig ist, oder wenn man es mit heftigen Geistern zu tun hat, die mit der Spitze schlagen und sie brechen und dabei das Papier zerreißen.
203. Der Wunsch eines jeden angehenden Mediums ist natürlich, sich mit dem Geist von Personen zu besprechen, die ihm lieb und teuer sind; aber er muss seine Ungeduld mäßigen, denn der Verkehr mit einem bestimmten Geist bringt materielle Schwierigkeiten mit sich, die das für den Anfänger unmöglich machen. Damit sich ein Geist offenbaren kann, muss zwischen ihm und dem Medium eine fluidische Beziehung bestehen, die sich nicht immer sofort aufbaut; nur nach Entwicklung der Fähigkeit erlangt das Medium nach und nach die erforderliche Eignung, sich mit einem jeden Geist der kommt, in Verbindung zu setzen. Es kann also geschehen, dass derjenige, mit dem man verkehren will, nicht in der günstigen Lage ist, es zu tun, obwohl er anwesend ist; so wie es auch sein kann, dass er weder die Möglichkeit noch die Erlaubnis hat, dem Ruf zu folgen, der an ihn gerichtet ist. Deshalb darf man beim Versuch nicht darauf bestehen, einen bestimmten Geist mit Ausschluss aller anderen zu rufen; denn es geschieht oft, dass sich die fluidischen Beziehungen mit ihm nicht mit der größten Leichtigkeit aufbauen, welche Sympathie man auch für ihn hegt. Bevor man daher daran denken kann, von diesem oder jenem Geist Zeichen zu erhalten, muss man an der Ausbildung der Medialität arbeiten und muss daher eine allgemeine Bitte um Erfolg an die Geisterwelt richten und sich insbesondere an seinen Schutzgeist wenden.
Hier gibt es keine Beschwörungsformel. Wer eine solche vorschützen würde, der kann bewusst für einen Gaukler gehalten werden; denn die Form ist für die Geister nichts. Jedoch muss jede Anrufung immer im Namen Gottes geschehen. Man kann sie in folgende oder auch in ähnliche Worte kleiden: „Ich bitte Gott, den Allmächtigen, einem guten Geist zu gestatten, sich mir zu offenbaren und mich schreiben zu lassen. Ich bitte auch meinen Schutzengel, mir gütigst beistehen zu wollen und die bösen Geister zu entfernen.“ Man wartet hierauf, bis ein Geist sich meldet, indem er etwas schreibt. Es kann sein, dass es jener ist, den man wünscht, wie es auch geschehen kann, dass es ein unbekannter Geist ist oder der Schutzengel. Auf jeden Fall gibt er sich gewöhnlich zu erkennen, indem er seinen Namen schreibt. Aber dann entsteht die Frage über seine Identität, eine Frage, welche eine große Erfahrung erfordert, denn es gibt wenige Anfänger, welche nicht der Täuschung ausgesetzt wären. Wir werden davon in einem besonderen Kapitel sprechen.
Wenn man ganz bestimmte Geister vorhat zu rufen, ist es wesentlich, zu Anfang sich nur an jene Geister zu wenden, die man als gut und sympathisch kennt und die einen Grund haben können zu kommen, wie Verwandte oder Freunde. In diesem Fall kann die Anrufung so formuliert werden: „im Namen des allmächtigen Gottes bitte ich den Geist sich mir zu offenbaren,“ oder so: „Ich bitte Gott, den Allmächtigen, dem Geiste zu erlauben, sich mir zu offenbaren“, oder auf eine andere diesem Gedanken entsprechende Art.
Es ist nicht weniger nötig, die ersten Fragen so zu stellen, dass die Antwort darauf mit einem einfachen Ja oder Nein erfolgen könne, z. B.: „Bist du da? Willst du mir antworten? Kannst du mich schreiben lassen?“ usw. Später ist diese Vorsicht nicht nötig. Es handelt sich anfänglich nur darum die Beziehung aufzubauen, die Hauptsache besteht darin, dass die Frage nicht bedeutungslos ist, dass sie nicht Spuren von eigenen Privatinteressen an sich trägt, und besonders dass sie der Ausdruck eines wohlwollenden und sympathischen Gefühls für den Geist ist, an den man sich wendet. (Siehe hier weiter unten das besondere Kapitel über die Anrufungen)
204. Noch wichtiger als die Art der Anrufung ist die Ruhe, die Sammlung, verbunden mit einem sehnlichen Verlangen und einem festen Willen, dass es gelinge. Unter dem Willen verstehen wir hier nicht einen flüchtigen Willen, der ruckartig wirkt und alle Augenblicke durch andere Beschäftigungen unterbrochen wird, sondern einen ernsten, anhaltenden und festen Willen ohne Ungeduld oder fieberhaftes Verlangen. Die Sammlung wird durch Alleinsein begünstigt, durch Stille und durch die Beseitigung alles dessen, was Zerstreuung verursachen kann. Dann bleibt nur noch eine Sache zu tun übrig, nämlich alle Tage die Versuche um zehn Minuten oder eine Viertelstunde jedesmal mehr zu verlängern, und dies vierzehn Tage lang, einen Monat, zwei Monate und wenn nötig, noch mehr. Wir kennen Medien, die sich erst nach sechs Monaten Übung nach und nach ausgebildet haben, während andere gleich das erste Mal flüssig schreiben.
205. Um unnütze Versuche zu vermeiden, kann man einen ernsten, vorgerückten Geist durch ein anderes Medium darüber befragen. Aber man muss hier bemerken, dass wenn man an die Geister die Frage stellt, um zu erfahren, ob man ein Medium sei, sie fast immer bejahend antworten, was aber nicht verhindert, dass die Versuche oft misslingen. Das ist leicht zu erklären: Man stellt an den Geist eine allgemeine Frage und er antwortet auf eine allgemeine Weise. Nun denn, wie man weiß, nichts ist elastischer als die mediale Befähigung, weil sie sich unter den verschiedenartigsten Formen und in sehr verschiedenen Graden darstellen kann. Man kann also ein Medium sein, ohne es zu bemerken und in einer anderen Beziehung als man denkt. Auf die unbestimmte Frage: “Bin ich ein Medium?“ kann der Geist mit “Ja” antworten, auf die viel bestimmtere: “Bin ich ein schreibendes Medium?“ kann er mit “Nein” antworten. Man muss auf die Natur des Geistes, welchen man fragt, Rücksicht nehmen; denn es gibt deren so leichtfertige und so unwissende, dass sie unüberlegt wie wahrhaft gedankenlose Menschen antworten. Deshalb raten wir, sich an aufgeklärte Geister zu wenden, die im Allgemeinen gern auf diese Frage antworten, und in dem Fall, wo ein Erfolg zu erwarten ist, den besten Weg dazu zeigen.
206. Eine Möglichkeit, die oft Erfolg hat, besteht darin, ein gutes, lenksames, schon ausgebildetes, schreibendes Medium als Hilfsmittel zu gebrauchen. Wenn dieses seine Hand oder seine Finger auf die Hand legt, die schreiben soll, ist es selten, dass diese nicht sofort schreibt. Man begreift, was unter diesem Umstand geschieht: Die Hand, die den Bleistift hält, wird gewissermassen ein Anhängsel der Hand des Mediums, wie es ein Körbchen oder Brettchen wäre; aber trotzdem ist diese Übung sehr nützlich, wenn man sie anwenden kann, weil sie oft und regelmäßig wiederholt, das materielle Hindernis überwinden hilft und die Entwickelung der Fähigkeit fördert. Es genügt auch manchmal, in dieser Absicht den Arm oder die Hand dessen, der schreiben will, stark zu magnetisieren. Oft beschränkt sich der Magnetiseur darauf, seine Hand auf die Schulter zu legen, und wir haben gesehen, wie einige unter diesem Einfluss schnell geschrieben haben. Diese Wirkung kann auch ohne alle Berührung durch den bloßen Willen hervorgebracht werden. Es ist leicht begreiflich, dass das Vertrauen des Magnetiseurs in seine eigene Macht, um dieses Resultat hervorzubringen, hier eine große Rolle spielen muss, und dass ein ungläubiger Magnetiseur wenig oder gar keine Wirkung hervorbringen würde.
Übrigens ist die Mitwirkung eines erfahrenen Leiters bisweilen sehr nützlich, um den Anfänger eine Menge Vorsichtsmaßnahmen beachten zu lassen, die er sonst oft zum Nachteil des Schnellen Fortschrittes vernachlässigt. Es ist besonders nötig, ihn über die Art der ersten Fragen und wie sie zu stellen sind zu belehren. Seine Rolle ist die eines Lehrers, den man entbehren kann, sobald man gewandt genug ist.
207. Ein anderes Mittel, welches auch stark zur Entwicklung der Schreibfähigkeit beitragen kann, besteht darin, eine gewisse Anzahl Personen zu versammeln, die alle von demselben Wunsch und von einer gemeinsamen Absicht erfüllt sind. Sie sollen gleichzeitig bei vollkommenem Stillschweigen und mit religiöser Sammlung zu schreiben versuchen, indem jeder seinen Schutzgeist oder einen anderen sympathischen Geist um Beistand bittet. Einer kann zugleich ohne besondere Bezeichnung und im Namen aller einen allgemeinen Anruf an die guten Geister machen, indem er zum Beispiel sagt: “Im Namen des allmächtigen Gottes bitten wir die guten Geister, sich durch die anwesenden Personen mitteilen zu wollen.“ Es ist selten, dass unter den Anwesenden nicht einige deutliche Zeichen der Medialität zeigen oder sogar in kurzer Zeit geläufig schreiben würden.
Man begreift leicht, was in diesem Fall geschieht. Die durch eine gemeinsame Absicht vereinigten Personen bilden ein kollektives Ganzes, dessen Macht und Empfänglichkeit durch eine Art magnetischen Einflusses vermehrt wird, welcher zur Entwicklung der Schreibfähigkeit beiträgt.
Unter den durch den vereinigten Willen angezogenen Geistern gibt es einige, die in den anwesenden Personen geeignete Werkzeuge finden, wenn nicht den einen, so doch den anderen, und sie benützen das.
Dieses Mittel soll vor allem in jenen Kreisen angewandt werden, in denen Medien fehlen oder die davon nicht genug besitzen.
208. Man hat Mittel zur Ausbildung von Medien gesucht, sowie man deren Kennzeichen nachgeforscht hat, aber bis auf den heutigen Tag kennen wir kein besseres, als das, was wir angegeben haben. In der Meinung, dass das Hindernis der Entwicklung der Schreibfähigkeit in einem körperlichen Hindernis besteht, behaupten einige Personen dieses durch eine Art Gymnastik beseitigen zu können, welche die Arme und den Kopf fast verrenkt. Wir werden diesen Vorgang, der von jenseits des Atlantik kommt, nicht nur darum nicht beschreiben, weil wir keinen Beweis von seiner Wirksamkeit besitzen, sondern auch aus der gewonnenen Überzeugung, dass er einem zarten Körperbau durch die Erschütterung des Nervensystems Schaden bringen könnte. Wenn die Anlagen zur Schreibfähigkeit nicht vorhanden sind, so kann sie nichts hervorbringen, nicht einmal die Elektrisierung, welche ohne Erfolg schon angewendet worden ist.
209. Der Glaube ist bei dem lernenden Medium nicht eine so erforderliche Bedingung; er unterstützt ohne Widerrede die Bemühungen, aber er ist nicht unerlässlich. Die Reinheit der Gesinnung, der Wunsch und ein guter Wille genügen. Man hat vollkommen ungläubige Personen gesehen, die ganz erstaunt waren, wider ihren Willen zu schreiben, während aufrichtig Gläubige nicht dahin gelangen können; ein Beweis, dass diese Befähigung von einer organischen Veranlagung abhängig ist.
210. Das erste Anzeichen der Anlage zum Schreiben ist eine Art Zittern im Arm und in der Hand; nach und nach wird die Hand durch einen Antrieb fortgezogen, den sie nicht zügeln kann. Anfangs macht sie oft nur bedeutungslose Züge, dann zeichnen sich die Buchstaben mehr und mehr deutlich, und endlich erlangt die Schrift die Geschwindigkeit der Handschrift. Auf jeden Fall muss man die Hand ihrer natürlichen Bewegung überlassen und weder Widerstand leisten, noch Antrieb geben.
Manche Medien schreiben flüssig und mit Leichtigkeit gleich von Anfang an; manchmal gleich bei der ersten Sitzung, aber selten. Andere machen durch eine lange Zeit Striche und wahre kalligraphische Übungen. Die Geister sagen, dies geschehe, um ihnen die Hand loszubinden. Wenn sich aber die Übungen zu sehr verlängern oder in lächerliche Zeichen ausarten, so ist kein Zweifel, dass es ein Geist ist, der sich unterhält, denn die guten Geister machen nie etwas umsonst. In diesem Fall sollte man seinen Eifer verdoppeln, um den Beistand der Letzeren zu erlangen. Wenn dessen ungeachtet keiner Änderung erfolgt, so soll man aufhören, sobald man feststellt, dass man nichts Ernsthaftes bekommt. Man kann den Versuch alle Tage wieder beginnen, aber man soll bei dem ersten zweideutigen Zeichen aufhören, um den Spottgeistern nicht diesen Gefallen zu tun.
Diesen Bemerkungen fügte ein Geist hinzu:
„Es gibt Medien, deren Fähigkeit sich nicht über diese Zeichen erheben kann. Wenn sie nach einigen Monaten nur Unbedeutendes, “Ja” oder “Nein” oder unzusammenhängende Buchstaben erhalten, so ist es unnütz, darauf zu beharren und das Papier zu vergeuden. Sie sind Medien, aber unproduktive Medien. Übrigens muss man die anfänglich erhaltenen Mitteilungen nur als Übungen betrachten, die den untergeordneten Geistern anvertraut werden, deshalb muss man ihnen nur eine geringe Wichtigkeit beimessen, weil sie von Geistern kommen, die sozusagen beauftragt sind, um als Schreibmeister das angehende Medium abzurichten; denn glaubt ja nicht, es seien erhabene Geister, welche ein Medium die vorbereitenden Übungen machen lassen; wenn ein Medium kein ernstes Ziel verfolgt, so geschieht es wohl, dass die untergeordneten Geister bleiben und sich an das Medium binden. Fast alle Medien sind durch diese Prüfung gegangen, um sich auszubilden. Es liegt an ihnen, zu tun was nötig ist, um die Sympathie der wahrhaft höheren Geister zu erwerben.
211. Die Klippe für die meisten der beginnenden Medien besteht darin, dass sie es mit den untergeordneten Geistern zu tun bekommen und sie können sich glücklich schätzen, wenn das nur leichtfertige Geister sind. Ihre ganze Aufmerksamkeit soll darauf gerichtet sein, sie nicht Fuß fassen zu lassen; denn hat sich einmal einer einheimisch gemacht, so ist es immer schwer, ihn loszuwerden. Dies ist ein so wichtiger Punkt, besonders im Anfang, dass man ohne die nötige Vorsicht die Frucht der schönsten Anlagen verlieren kann.
Der erste Punkt besteht darin, sich mit innigem Vertrauen unter den Schutz Gottes zu stellen und den Beistand seines Schutzengels anzurufen; denn dieser ist immer gut, während die familiären Geister, teils mit den guten oder bösen Eigenschaften des Mediums sympathisierend, leichtfertig und auch schlecht sein können.
Der zweite Punkt ist der, sich mit gewissenhafter Sorgfalt zu bemühen, durch alle Anzeichen, welche die Erfahrung liefert, die Natur der ersten Geister, welche sich mitteilen, kennen zu lernen, denen zu misstrauen immer ratsam ist. Wenn diese Anzeichen verdächtig sind, so muss man inbrünstige Gebete zu seinem Schutzengel richten und mit all seiner Kraft den bösen Geist verstoßen, indem man ihm beweist, dass man nicht sein Spielzeug ist, um ihn zu entmutigen. Deshalb ist das vorhergehende Studium der Theorie unerlässlich, wenn man die negativen Folgen vermeiden will, die untrennbar mit der Unerfahrenheit verbunden sind; man wird zu diesem Thema sehr ausführliche Anweisungen in den Kapiteln über Besessenheit und Identität der Geister finden. Wir beschränken uns darauf, hier zu sagen, dass man außer der Sprache noch folgendes als untrügliche Beweise der Niedrigkeit der Geister betrachten kann: alle Zeichen, Figuren, unnütze oder kindliche Sinnbilder, jede wunderliche und ruckartige Schrift, absichtlich verdreht, von übermäßiger Größe oder sich in ungebräuchliche und lächerliche Formen verlierend. Die Schrift kann sehr schlecht sein, selbst wenig leserlich, was mehr vom Medium als vom Geist abhängig ist, ohne etwas Ungewöhnliches zu bedeuten. Wir haben irregeleitete Medien gesehen, welche die Erhabenheit der Geister nach der Größe der Buchstaben beurteilen, und die auf so geformte Buchstaben, wie die gedruckten, einen hohen Wert legten, - eine Kinderei, die mit der wahren Erhabenheit unvereinbar ist.
212. Wenn es wichtig ist, nicht aus eigenem Willen in Abhängigkeit böser Geister zu geraten, so ist es noch wichtiger, sich nicht freiwillig dahin zu bringen; eine unmäßige Begierde, zu schreiben darf uns nicht glauben machen, es sei gleichgültig, sich an den ersten besten Geist zu wenden, außer dass man sich ihn später vom Halse schafft, wenn er uns nicht gefällt; denn man begehrt nicht ungestraft den Beistand eines bösen Geistes, der sich seinen Dienst teuer bezahlen lassen kann.
Einige Personen, welche sahen, dass sich ihre mediale Begabung gegen ihren Wunsch zu langsam entwickelte, haben den Einfall gehabt, zu ihrer Hilfe einen Geist zu rufen, wenn er auch böse wäre, darauf rechnend, ihn nachher zu verabschieden. Mehrere wurden nach Wunsch bedient, und schrieben gleich unmittelbar darauf; aber der Geist, unbekümmert darum, dass er nur im schlimmsten Notfall gerufen worden sei, war zum Weggehen weniger willig, als zum Kommen. Wir kennen solche Personen, die in ihrem Eigendünkel sich für stark genug gehalten haben, die bösen Geister nach ihrem Belieben zu entfernen, welche aber durch Jahre lange Plagen aller Art, durch die lächerlichsten Mystifikationen, durch die hartnäckigste Verblendung und selbst durch Unglück und die grausamsten Täuschungen gestraft worden sind. Der Geist zeigt sich zuerst ganz offen böse, dann aber wird er heuchlerisch, um entweder an seine Bekehrung glauben zu machen, oder an eine angebliche Übermacht des Mediums über ihn, um dann nach Belieben mit dem Medium zu verfahren.
213. Die Schrift ist manchmal sehr leserlich, die Worte und Buchstaben vollkommen abgesondert; aber bei gewissen Medien ist sie für einen jeden anderen schwer zu entziffern, außer für den, der schreibt: Man muss sich daran gewöhnen. Sie ist ziemlich oft in großen Zügen formiert; die Geister sind mit dem Papier wenig sparsam. Wenn ein Wort oder ein Satz unleserlich ist, so bittet man den Geist, wieder anzufangen, was er gewöhnlich gerne tut. Wenn die Schrift ganz unleserlich ist, selbst für das Medium, so gelangt dieses fast immer dahin, durch häufige und fortgesetzte Übungen eine viel deutlichere zu erhalten, wenn es dazu einen festen Willen hat und den Geist inständig bittet, korrekter zu schreiben. Gewisse Geister bedienen sich oft der angenommenen Zeichen, welche in den regelmäßigen Versammlungen benutzt werden. Um anzuzeigen, dass ihnen eine Frage nicht gefällt und dass sie darauf nicht antworten wollen, machen sie zum Beispiel einen langen Strich oder etwas Ähnliches.
Wenn der Geist beendet hat, was er zu sagen hatte, oder wenn er nicht mehr antworten will, bleibt die Hand stehen, und das Medium kann kein Wort mehr erhalten, so groß auch seine Fähigkeit und sein Wille sein mögen. Im Gegenteil, solange der Geist noch nicht abgeschlossen hat, geht der Bleistift weiter, dass es der Hand möglich wäre, anzuhalten. Will der Geist etwas spontan kundgeben, so ergreift die Hand krampfhaft den Bleistift und fängt an zu schreiben, ohne dass man sich dem widersetzen kann. Das Medium empfindet fast immer in sich etwas, was ihm andeutet, ob nur eine Unterbrechung eintritt oder ob der Geist fertig ist. Es ist selten, dass es nicht wüsste, wann sich dieser entfernt hat.
Das sind die wesentlichsten Erklärungen, die wir hinsichtlich der Entwicklung der Psychographie zu geben hatten; die Erfahrung wird bei der Ausübung noch gewisse Einzelheiten lehren, welche zu erwähnen hier unnütz wäre und bezüglich derer man sich nach den allgemeinen Regeln richten wird. Wenn es nur viele versuchen möchten, würde man mehr Medien finden, als man denkt.
214. Alles, was wir gesagt haben, bezieht sich auf das mechanische Schreiben, was alle Medien mit Recht zu erlernen streben; aber der reine Mechanismus ist sehr selten und es verbindet sich damit sehr oft mehr oder weniger Intuition. Das Medium, welches sich bewusst ist, was es schreibt, ist natürlicherweise verleitet, an seiner Befähigung zu zweifeln. Es weiß nicht, ob das von ihm selbst oder von einem fremden Geist kommt. Es hat aber durchaus keinen Grund, sich darüber zu beunruhigen und soll die Sache trotzdem fortsetzen. Es soll sich mit Sorgfalt beobachten, und es wird in dem Geschriebenen leicht eine Menge finden, die nicht in seinen Gedanken waren, die denselben sogar widerstrebten, ein deutlicher Beweis, dass sie nicht von ihm kommen. Es soll nur fortfahren und der Zweifel wird mit der Erfahrung schwinden.
215. Wenn es dem Medium nicht gegeben ist, ausschließlich mechanisch zu schreiben, so werden alle Versuche, dieses Resultat zu erzielen, vergebens sein, und dennoch hätte es Unrecht, sich deshalb für benachteiligt zu halten. Wenn es nur mit der intuitiven Medialität begabt ist, so muss es sich damit begnügen, und sie wird ihm große Dienste erweisen, wenn es nur versteht, daraus Nutzen zu ziehen und dies nicht verwirft.
Wenn sich nach fruchtlos wiederholten Versuchen während einiger Zeit keine Spur einer unfreiwilligen Bewegung zeigt, oder wenn diese Handbewegungen zu schwach sind, um einen Erfolg hervorzubringen, so soll das Medium, den ersten Gedanken niederschreiben, welcher ihm eingegeben wird, ohne sich darum zu kümmern, ob er von ihm oder aus einer fremden Quelle fließt. Die Erfahrung wird lehren, einen Unterschied zu machen. Es geschieht übrigens sehr oft, dass die mechanische Bewegung sich zuletzt dennoch entwickelt.
Wir haben betont, dass es Fälle gibt, wo es gleichgültig ist, zu wissen, ob der Gedanke vom Medium oder von einem fremden Geist kommt. Es ist dies besonders dann der Fall, wenn ein rein intuitives oder inspiriertes Medium seine Gedankenarbeit für sich macht; es ist wenig wichtig, ob sich der Autor einen Gedanken zuschreibt, der ihm eingegeben wurde. Wenn er gute Gedanken bekommt, so möge er sich dafür bei seinem Schutzgeist bedanken, und es werden ihm noch andere zuteilwerden. Derart ist die Inspiration der Dichter, der Weltweisen und der Gelehrten.
216. Setzen wir nun voraus, dass bei einem Medium die mediale Befähigung in ihrer vollen Entwicklung vorhanden ist und das Medium mit Leichtigkeit schreibt, es also, wie man sagt, ein fertiges Medium ist, so wäre es von seiner Seite ein großer Fehler, sich von jeder anderen Belehrung befreit zu wähnen. Es hat nur die materiellen Hindernisse überwunden, aber nun erst beginnen die wahren Schwierigkeiten und nun hat es mehr denn je Ratschläge der Vernunft und Erfahrung nötig, wenn es nicht in tausend Schlingen geraten will, die ihm gelegt werden. Wenn es zu früh mit eigenen Flügeln fliegen will wird es bald die Beute lügenhafter Geister, welche seinen Eigendünkel auszubeuten suchen.
217. Wenn die Schreibfähigkeit bei dem Medium entwickelt ist, so ist es wichtig, damit keinen Missbrauch zu treiben. Das Vergnügen, welche solche Fähigkeit verschafft, erweckt bei manchem Anfänger einen Eifer, den man mäßigen soll; sie sollen bedenken, dass ihnen diese Befähigung zum Guten gegeben wurde, und nicht um eitle Neugierde zu befriedigen. Darum ist es ratsam, sich ihrer nur in wichtigen Momenten und nicht alle Augenblicke zu bedienen; denn die Geister stehen nicht alle Zeit zu ihrer Verfügung, und so laufen sie Gefahr, durch Mystifikationen gefoppt zu werden. Es ist gut, zu diesem Zweck Tage und Stunden zu bestimmen, weil man selbst eine andächtige Stimmung mitbringt, und sich die Geister, welche kommen wollen, in vorangegangener Verabredung sich auch danach richten.
218. Wenn sich ungeachtet aller Versuche die Medialität durchaus nicht entwickeln sollte, so müsste man wohl darauf verzichten, wie man auf das Singen verzichtet, wenn man dazu keine Stimme hat. Wer eine Sprache nicht versteht, bedient sich eines Übersetzers: man muss dasselbe tun, das heißt, ein anderes Medium in Anspruch nehmen. In Ermangelung eines Mediums darf man nicht glauben, dass man des Beistandes der Geister beraubt sei. Die Medialität ist für sie ein Mittel, sich auszudrücken, aber nicht das ausschließliche Mittel der Anziehung. Diejenigen, die uns lieben, sind um uns, mag man ein Medium sein oder nicht. Ein Vater verlässt nicht sein Kind, weil dieses taub und blind ist und ihn daher weder sehen noch hören kann. Er umgibt es mit seiner Sorgfalt, so wie es die guten Geister mit uns tun. Wenn sie uns ihre Gedanken nicht in materieller Weise übertragen können, so kommen sie uns durch Inspiration zu Hilfe.