301. Hier sind die Antworten, welche wir von den Geistern auf die nachfolgenden Fragen in Bezug auf Widersprüche bekamen;
1) Kann derselbe Geist, wenn er sich in zwei verschiedenen Kreisen offenbart, über denselben Gegenstand ganz entgegengesetzte Antworten erteilen?
„Wenn diese zwei Kreise untereinander in ihren Meinungen und Gedanken verschieden sind, so kann ihnen die Antwort verdreht vorgetragen scheinen, weil sie sich unter dem Einfluss von verschiedenen Geister-Ordnungen sich befinden. Nicht die Antwort ist entgegengesetzt, sondern die Art, wie sie erteilt wird.“
2) Man begreift, dass eine Antwort verändert erteilt sein kann, aber wenn die Qualitäten des Mediums jegliche Idee bösen Einflusses ausschließt, wie kommt es, dass die höheren Geister eine unterschiedliche, widersprüchliche Ausdrucksweise über denselben Gegenstand benutzen zu vollkommen ernsten Personen?
„Die wahrhaft erhabenen Geister widersprechen sich nie, und ihre Sprache ist mit denselben Personen dieselbe. Sie kann nach Personen und Orten verschieden sein, aber man muss dabei aufmerksam sein, der Widerspruch ist oftmals nur scheinbar, er ist mehr in den Worten als im Denken. Denn wenn man nachdenkt, entdeckt man, dass der Grundgedanke derselbe ist. Und dann kann derselbe Geist auf dieselbe Frage verschiedenartig antworten, je nach dem Grad des Fortschritts derjenigen, welche ihn anrufen, denn es ist nicht immer gut, dass alle eine gleiche Antwort haben, weil sie nicht gleich weit fortgeschritten sind. Es ist gerade so, als wenn ein Kind und ein Gelehrter dieselbe Frage an dich stellten. Gewiss wirst du dem einen wie dem andern auf die Art antworten, die sie verstehen, und die sie zufrieden stellt. Die Antwort, obgleich verschieden, hätte übrigens denselben Inhalt.“
3) Aus welchem Grund scheinen die ernsten Geister bei gewissen Personen gewisse Gedanken und selbst Vorurteile zu beglaubigen, welche sie bei anderen bekämpfen?
„Wir müssen uns verständlich machen. Wenn jemand eine feste Meinung über eine, wenn auch falsche Lehre hat, müssen wir ihn von dieser Überzeugung abbringen, aber nur nach und nach, deshalb bedienen wir uns oft seiner Ausdrücke und haben den Anschein, auf seine Ideen einzugehen, damit er nicht auf einmal empört ist und aufhört, sich bei uns zu informieren.
Übrigens ist es nicht gut, Vorurteile zu heftig anzugreifen, das wäre das Mittel, nicht gehört zu werden. Das ist der Grund, warum die Geister oft im Sinne der Meinung derjenigen reden, die sie anhören, um sie nach und nach zur Wahrheit zu führen. Sie passen ihre Sprache den Personen an, so wie du es selbst tust, wenn du ein geschickter Redner bist. Deshalb werden sie zu einem Chinesen oder Mohammedaner nicht so reden, wie zu einem Franzosen oder Christen, denn sie sind gewiss, dass sie zurückgewiesen würden.
Auch muss man das nicht für einen Widerspruch halten, was oft nichts anderes ist, als ein Teil der Ausarbeitung der Wahrheit. Alle Geister haben ihre von Gott bezeichnete Aufgabe. Sie erfüllen sie unter den Bedingungen, welche sie zum Wohl derer für geeignet halten, die ihre Mitteilungen erhalten.“
4) Selbst offenbare Widersprüche können in dem Geist gewisser Personen Zweifel säen. Was für eine Kontrolle hat man, um die Wahrheit zu erkennen?
„Um den Irrtum von der Wahrheit zu unterscheiden, muss man diese Antworten gründlich studieren und lange darüber ernstlich nachdenken, d.h. ein ganzes Studium daraus machen. Dazu braucht man Zeit, wie zum Studium aller Dinge.
Studiert, vergleicht, ergründet, wir sagen es euch unaufhörlich, die Kenntnis der Wahrheit hat diesen Preis. Und wie wollt ihr zur Wahrheit gelangen, wenn ihr alles nach euren kurzsichtigen Ideen beurteilt, welche ihr noch dazu für große Ideen haltet? Aber der Tag ist nicht fern, wo der Unterricht der Geister durchgehend in seinen Einzelheiten wie in den Grundlehren gleichlautend sein wird. Ihre Mission ist, den Irrtum zu zerstören, aber das kann nur nach und nach geschehen.“
5) Es gibt Personen, die für ein ernstes und gründliches Studium weder die Zeit noch die Fähigkeit haben, und die das, was man sie lehrt, ohne Prüfung annehmen. Laufen sie nicht Gefahr, Irrtümer zu beglaubigen?
„Sie sollen das Gute tun und nichts Böses anstellen, das ist das Wesentliche, dafür gibt es keine zwei Lehren. Das Gute ist immer das Gute, ihr mögt es im Namen von Allah oder Jehova verrichten, denn es gibt nur einen Gott für das Universum.“
6) Wie können die Geister, deren Intelligenz entwickelt zu sein scheint, offenbar falsche Begriffe von gewissen Dingen haben?
„Sie haben ihre Lehre. Die welche noch nicht weit genug fort geschritten sind und es dennoch zu sein glauben, nehmen ihre Lehren für die Wahrheit. Es ist wie bei euch.“
7) Was soll man von der Lehre halten, nach welcher sich nur ein einziger Geist offenbaren kann, und dass dieser Geist nur Gott oder Jesus sein könne?
„Ein Geist, der dies lehrt, ist ein herrschsüchtiger Geist, deshalb will er glauben machen, dass er allein da wäre; aber der Unglückliche, der es wagt, den Namen Gottes anzunehmen, wird seinen Hochmut teuer büßen. Was diese Lehren betrifft, so widerlegen sie sich von selbst, weil sie sich im Widerspruch mit den bewährtesten Tatsachen befinden. Sie verdienen keine ernstliche Untersuchung, denn sie haben keine Wurzeln.
„Die Vernunft sagt euch, dass das Gute aus einer guten Quelle und das Böse aus einer schlechten stammt. Warum wollt ihr, dass ein guter Baum schlechte Früchte trägt? Habt ihr jemals auf einem Apfelbaum Weintrauben geerntet? Die Verschiedenheit der Mitteilungen ist der sprechende Beweis für ihren verschiedenartigen Ursprung. Übrigens vergessen die Geister, welche behaupten, dass sie sich allein mitteilen, den Grund anzugeben, warum es die anderen nicht können. Ihre Behauptung ist die Verleugnung dessen, was der Spiritismus als das Schönste und Tröstlichste aufzuweisen hat: den Verkehr der sichtbaren mit der unsichtbaren Welt, nämlich der Menschen mit den ihnen teuren Wesen, welche ohne Rückkehr für sie so gut wie verloren wären. Das sind die Beziehungen, welche den Menschen mit seiner Zukunft identifizieren, welche ihn von der materiellen Welt lösen. Diese Beziehungen zu unterdrücken, heißt so viel, wie den Menschen in seinen Zweifel zurückzudrängen, welcher seine Qual bildet, und ihm Nahrung für seinen Egoismus zu geben. Wenn man die Lehre solcher Geister mit Sorgfalt prüft, so begegnet man auf jedem Schritt nicht zu rechtfertigenden Widersprüchen. Zeichen ihrer Unwissenheit über die bekanntesten Dinge und folglich sichere Beweise ihrer Niedrigkeit.“ (Der Geist der Wahrheit)
8) Einer der auffallendsten Widersprüche, welchen man unter den Mitteilungen der Geister wahrnimmt, ist der, welcher sich auf die Reinkarnation bezieht. Wenn die Reinkarnation eine Notwendigkeit im Leben des Geistes ist, weshalb wird sie nicht von allen Geistern gelehrt?
„Wisst ihr nicht, dass es Geister gibt, deren Ideen bis heute, wie bei vielen Menschen, beschränkt sind? Sie glauben, das Los, was sie gegenwärtig haben, müsse immer dauern, sie sehen nicht über den Kreis ihrer Wahrnehmung hinaus und kümmern sich weder darum, woher sie kommen, noch wohin sie gehen, und dennoch müssen sie sich dem Gesetz der Notwendigkeit fügen. Die Reinkarnation ist für sie eine Notwendigkeit, an die sie nicht eher denken, als bis sie da ist. Sie wissen, dass der Geist fortschreitet, aber auf welche Art, ist für sie ein Problem. Wenn ihr sie daher fragt, werden sie euch von sieben übereinander stehenden Himmeln, wie von Stockwerken erzählen. Es gibt sogar solche Geister, die euch von der Sphäre des Feuers, von der Sphäre der Sterne und dann von der Stadt der Blumen und der der Auserwählten erzählen.“
9) Wir begreifen, dass die wenig fortgeschrittenen Geister diese Frage nicht erfassen können. Aber wie kommt es dann, dass Geister von einer notorisch moralischen und intellektuellen Niedrigkeit spontan von ihren verschiedenen Existenzen und von ihre ihrem Wunsch reden, zu reinkarnieren, um ihre Vergangenheit zu sühnen?
„In der Geisterwelt gehen Sachen vor, welche ihr schwer begreifen könnt. Habt ihr nicht unter euch Leute, die in gewisser Hinsicht sehr unwissend und dennoch, in anderer Beziehung wieder aufgeklärt sind? Leute, die mehr Urteilskraft als Wissen, und wieder andere, die mehr Scharfsinn als Urteilskraft besitzen? Wisst ihr nicht auch, dass gewisse Geister sich darin gefallen, die Menschen in ihrer Unwissenheit zu lassen, indem sie sich ganz den Anschein geben, sie zu belehren, und sich die Leichtigkeit zu Nutze machen, womit man ihren Worten Glauben schenkt? Sie können diejenigen verführen, die der Sache nicht auf den Grund gehen. Wenn man sie aber mit Vernunft in die Enge treibt, können sie ihre Rolle nicht lange behaupten.
Außerdem muss man noch der Klugheit Rechnung tragen, welche die Geister gewöhnlich bei Bekanntgabe von Wahrheiten gebrauchen. Ein zu lebhaftes und zu plötzliches Licht blendet, aber erleuchtet nicht. Sie können es in gewissen Fällen für nützlich finden, nur allmählich Licht zu verbreiten, je nach den Umständen der Zeit, des Ortes und der Personen. Moses hat nicht alles gelehrt, was Christus lehrte, und Christus selbst hat vieles gesagt, dessen Verständnis künftigen Generationen vorbehalten wurde. Ihr sprecht von der Reinkarnation und wundert euch, dass diese Lehre in einigen Gegenden nicht gelehrt wurde. Bedenkt aber, dass man in einem Land, wo das Vorurteil gegen Hautfarbe im höchsten Grad herrscht, wo die Sklaverei in den Sitten eingewurzelt ist, den Spiritismus schon allein darum verworfen haben würde, weil er die Reinkarnation proklamiert, denn der Gedanke, dass wer Herr ist, ein Sklave, und umgekehrt werden könne, wäre als etwas Ungeheuerliches erschienen. War es nicht besser, anfänglich den allgemeinen Grundsatz anzunehmen mit dem Vorbehalt, später die Konsequenzen daraus zu ziehen? Oh, Menschen, wie kurz ist eure Sichtweise, um die Absichten Gottes zu beurteilen! Wisset, dass nichts ohne seine Zulassung und ohne bestimmten Zweck geschieht, den ihr oft nicht begreifen könnt. Ich habe euch gesagt, dass Einigkeit im spiritistischen Glauben aufkommen wird. Seid versichert, dass es geschieht, und dass sich die verschiedenen Ansichten, die weniger begründet sind, nach und nach in dem Maß verlieren werden, wie die Menschen verstehen, und dass sie endlich ganz verschwinden werden; denn so lautet der Wille Gottes, gegen den der Irrtum nichts ausrichten kann.” (Der Geist der Wahrheit)
10) Haben Irrlehren, die von gewissen Geistern gelehrt werden können, nicht die Wirkung, den Fortschritt der wahren Wissenschaft zu verzögern?
Ihr wollt alles ohne Mühe haben. Es gibt kein Feld, wo nicht Unkraut wächst, das der Landmann ausreißen muss. Diese Irrtümer sind eine Folge der Niedrigkeit eurer Welt. Wenn die Menschen vollkommen wären, würden sie nur Wahres erfahren. Die Irrtümer sind wie falsche Edelsteine, die nur ein geübtes Auge unterscheiden kann. Ihr benötigt also einen Lernprozess, um das Wahre vom Falschen zu unterscheiden. Nun denn, die falschen Lehren haben den Nutzen, euch zu üben, die Wahrheit vom Irrtum zu unterscheiden.“
10a) Werden die, welche den Irrtum annehmen, nicht in ihrem Fortschritt aufgehalten?
„Wenn sie den Irrtum annehmen, geschieht es darum, weil sie nicht genug fortgeschritten sind, um die Wahrheit zu begreifen.“