DAS BUCH DER MEDIEN oder WEGWEISER FÜR MEDIEN UND ANRUFER

Allan Kardec

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Über die Medien


X.


Alle Menschen sind Medien, alle haben einen Geistführer, der sie zum Guten führt, wenn sie es verstehen, ihn zu hören. Es ist wenig wichtig, dass gegenwärtig einige durch eine besondere Medialität unmittelbar mit ihm verkehren, und dass andere ihn nur durch die Stimme des Herzens und des Verstandes vernehmen: es ist nichtsdestoweniger ihr Schutzgeist, der ihnen rät. Nennt ihn Geist, Vernunft oder Verstand, es ist immer eine Stimme, die eurer Seele antwortet, und euch gute Ratschläge erteilt, nur versteht ihr sie nicht immer. Alle wissen nicht nach den Ratschlägen der Vernunft zu handeln, freilich nicht nach jener Vernunft, die sich schleppt und kriecht, die sich in materiellen und groben Interessen verliert, sondern nach jener Vernunft, die den Menschen über sich selbst erhebt, die ihn in unbekannte Regionen trägt. Eine heilige Flamme, die den Künstler und Dichter begeistert, ein göttlicher Gedanke, der den Philosophen erhebt, ein Aufschwung, welcher einzelne und ganze Völker mit sich fortreißt, eine Vernunft, die der gemeine Mensch nicht begreifen kann, die aber den Menschen erhebt und Gott annähert, mehr als zu irgend einem anderen Geschöpf. Ein Erkenntnisvermögen, das ihn vom Bekannten zum Unbekannten zu führen weiß und ihn die erhabensten Dinge ausüben lässt. Hört diese innere Stimme, diesen guten Geist, der ohne Unterlass zu euch spricht, und ihr werdet nach und nach dahin gelangen, euern Schutzengel zu hören, der euch aus der Höhe des Himmels die Hand reicht. Ich wiederhole, die innere Stimme, die zum Herzen spricht, ist die der guten Geister, und in dieser Beziehung sind alle Menschen Medien. (Chaning)


XI.


Die Gabe der Medialität ist so alt wie die Welt. Die Propheten waren Medien, die eleusinischen Mysterien waren auf die Medialität gegründet, die Chaldäer, die Assyrier hatten ihre Medien, Sokrates wurde durch einen Geist geleitet, der ihm die wunderbaren Grundsätze der Philosophie eingab, und er hörte seine Stimme. Alle Völker hatten ihre Medien, und die Eingebungen der Jeanne d›Arc waren nichts anderes als die Stimmen wohlwollender Geister, die sie leiteten. Diese Gabe, die sich gegenwärtig verbreitet, ist im Mittelalter seltener gewesen, aber sie hat nicht aufgehört zu sein. Swedenborg und seine Anhänger besassen eine große Schule. Das seit den letzten Jahrhunderten in Spötterei sich gefallende Frankreich, das sich mit einer Philosophie beschäftigte, die, indem sie die Missbräuche der religiösen Intoleranz zerstören wollte, alles, was Ideal war, lächerlich machte und erstickte, dieses Frankreich musste den Spiritismus beseitigen, der nicht aufhörte, im Norden Fortschritte zu machen.


Gott hat diesen Kampf der positiven Ideen gegen die spiritualistischen Ideen zugelassen, weil sich der Fanatismus aus den letzteren eine Waffe gebildet hatte. Gegenwärtig, wo der Fortschritt der Industrie und der Wissenschaften die Art des Wohllebens so sehr entwickelt haben, dass das materielle Streben vorherrschend geworden ist, da will Gott, dass die Geister der Menschen wieder zu den Interessen der Seele zurückgeführt werden. Er will, dass die Vervollkommnung des moralischen Menschen das werde, was sie werden muss, denn das ist das Ende und der Zweck des Lebens. Der menschliche Geist folgt einem notwendigen Gang, einem Bild des Fortschrittes, dem alles, was die sichtbare und unsichtbare Welt bevölkert, unterworfen ist. Jeder Fortschritt erfolgt zu seiner Zeit. Nun ist der Zeitpunkt für die moralische Erhebung der Menschheit gekommen, sie wird zwar in eurer Zeit noch nicht die Erfüllung erreichen, aber dankt dem Herrn, der gesegneten Morgenröte beiwohnen zu können. (Peter Jouty (Vater des Madiums)


XII.


Gott hat mich mit einer Mission beauftragt, die ich den Gläubigern gegenüber zu erfüllen habe, die er mit Medialität begabt hat. Je mehr Gnade sie vom Allerhöchsten erhalten, desto größeren Gefahren gehen sie entgegen, und diese Gefahren sind um so größer, weil sie in der Begünstigung selbst, die ihnen Gott zuteilwerden lässt, ihren Ursprung haben. Die Fähigkeiten, deren sich die Medien erfreuen, ziehen ihnen das Lob der Menschen, Glückwünsche und Schmeicheleien zu,- darin liegt ihre Gefahr! Dieselben Medien, welche ihrer ursprünglichen Unfähigkeit stets eingedenk sein sollten, vergessen sie, ja noch mehr - was sie nur Gott verdanken, das schreiben sie ihrem eigenen Verdienst zu. Aber was geschieht dann? Die guten Geister verlassen sie, sie werden das Spiel der Bösen und haben den Kompass verloren, der sie leitete. Je geschickter sie werden, desto mehr werden sie geneigt, sich einen Verdienst zuzuschreiben, welche ihnen nicht gebührt, bis sie endlich Gott bestraft, indem er ihnen eine Fähigkeit entzieht, die ihnen nur verhängnisvoll werden kann.



Ich kann euch nicht genug mahnen, euch eurem Schutzengel zu empfehlen, damit er euch hilft stets gegen euren grausamsten Feind: „den Stolz“, auf der Hut zu sein. Erinnert euch, die ihr das Glück habt, Vermittler zwischen den Geistern und den Menschen zu sein, dass, wenn ihr ohne Hilfe unseres göttlichen Meisters bleibt, ihr weit strenger gestraft werdet, weil ihr begünstigt wart.


Ich hoffe, dass diese Mitteilung ihre Früchte tragen wird, und wünsche, dass sie den Medien behilflich ist, sich gegen die Gefahr zu verwahren, in welcher sie Schiffbruch erleiden könnten. Diese Gefahr ist, ich habe es euch schon gesagt: der Hochmut! (Jeanne d’Arc)


XIII.


Wenn ihr Mitteilungen von guten Geistern bekommen wollt, ist es wichtig, dass ihr euch auf diese Gnade durch innere Sammlung durch heilsame Vorsätze und den Wunsch Gutes zu tun vorbereitet in der Absicht, den allgemeinen Fortschritt zu fördern. Denn erinnert euch, dass Egoismus die Ursache der Verzögerung jedes Fortschrittes ist. Erinnert euch, dass, wenn Gott einigen unter euch erlaubt, die Gedanken einiger seiner Kinder eingehaucht zu erhalten, die durch ihr Betragen verdient haben, seine unendliche Güte zu begreifen, so geschieht es darum, weil es sein Wille ist, auf unsere Bitten, und im Hinblick auf eure guten Absichten euch die Mittel zu geben, auf seinem Weg voranzuschreiten. Wohlan denn Medien! Nutzt diese Gabe, die Gott euch gern verleiht. Habt Vertrauen in die Nachsicht unseres Herrn, übt stets Nächstenliebe aus, werdet nie müde, diese erhabene Tugend, sowie Toleranz auszuüben. Eure Handlungen seien stets in Harmonie mit eurem Gewissen. Dies ist ein sicheres Mittel, euer Glück in diesem flüchtigen Leben zu vergrößern und euch eine tausendfach süßere Existenz vorzubereiten.



Das Medium, welches sich zu schwach fühlen sollte, um in der spiritistischen Lehre durchzuhalten, möge sich der Ausübung seiner Fähigkeit enthalten, denn wenn es vom Licht, das es erleuchtet, keinen Nutzen zieht, wird es weniger zu entschuldigen sein, als ein anderer, und wird seine Blindheit abzubüßen haben. (Pascal)


XIV.


Ich werde euch heute von der Uneigennützigkeit reden, welche eine der wesentlichsten Eigenschaften der Medien sein soll, wie die Bescheidenheit und die Ergebenheit. Gott hat ihnen diese Gabe gegeben, damit sie helfen die Wahrheit zu verbreiten, aber nicht, um daraus einen Erwerb zu machen. Und darunter verstehe ich nicht nur diejenigen, welche sie ausbeuten wollten, wie sie es mit einem gewöhnlichen Talent machen würden, die Medium werden wie man Tänzer oder Sänger wird, sondern auch alle, die beabsichtigen, davon aus eigennütziger Absicht Gebrauch zu machen. Ist es vernünftig zu glauben, dass die guten Geister und noch weniger die höheren Geister, welche die Habsucht verwerfen, dazu einwilligen, sich zum Schauspiel herzugeben, und sich wie Randfiguren einem Unternehmer spiritistischer Manifestationen zur Verfügung zu stellen? Man kann ebenso wenig annehmen, dass die guten Geister die Absicht des Hochmuts und Ehrgeizes begünstigen werden. Gott erlaubt ihnen, sich den Menschen mitzuteilen, um sie aus dem irdischen Sumpf herauszuziehen, aber nicht, um ihnen als Werkzeug für weltliche Leidenschaften zu dienen. Er kann also jene nicht mit Wohlgefallen sehen, welche die Gabe, die er ihnen verliehen hat, von ihrem wahren Ziel ablenken, und ich versichere euch, dass sie dafür schon hier auf Erden durch die bittersten Enttäuschungen gestraft werden. (Delphine de Girardin)


XV.


Alle Medien sind unbestritten dazu berufen, der Sache des Spiritismus nach ihren Kräften zu dienen. Es gibt ihrer aber wenige, die sich nicht in der Falle ihrer Eigenliebe fangen ließen. Es ist ein Prüfstein, der selten seine Wirkung verfehlt. Auch findet ihr unter hundert Medien kaum eines, so geringfügig es auch sei, das in der ersten Zeit seiner Medialität von sich nicht geglaubt hätte, es sei berufen, höhere Resultate zu bekommen, und zu großen Missionen bestimmt. Die, welche der eitlen Hoffnung unterliegen, und ihre Zahl ist groß, werden unvermeidlich das Opfer beherrschender Geister, die nicht zögern sie zu unterjochen, indem sie ihrem Stolz schmeicheln und sie mit ihrer schwachen Seite herumbekommen. Je höher sie sich erheben wollten, desto lächerlicher ist ihr Fall, wenn er für sie nicht verderblich ist. Die großen Missionen sind nur auserwählten Menschen anvertraut, und Gott bestimmt sie selber, ohne dass sie ihn suchen in der Umgebung und der Position, wo ihre Mitwirkung erfolgreich sein könnte. Ich kann den noch unerfahrenen Medien nicht genug raten, dem zu misstrauen, was ihnen gewisse Geister von der vermeintlichen Rolle sagen, die sie berufen sind zu spielen. Dessen wenn sie es ernst nehmen, werden sie davon nichts als getäuschte Hoffnungen in dieser Welt und eine schwere Strafe in der andern ernten. Mögen sie überzeugt sein, dass sie in ihrer bescheidenen und dunklen Sphäre, wo sie sich befinden, große Dienste dadurch leisten können, indem sie dazu beitragen, die Ungläubigen zu bekehren, oder den Betrübten Trost zu geben. Wenn sie hin scheiden müssen, werden sie von einer unsichtbaren Hand geleitet werden, welche ihre Wege vorbereitet und sozusagen ungewollt in Szene gesetzt. Mögen sie sich an diese Worte erinnern: Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden. (Der Geist der Wahrheit)