DAS BUCH DER MEDIEN oder WEGWEISER FÜR MEDIEN UND ANRUFER

Allan Kardec

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Gründe der Besessenheit


242. Die Besessenheit, wie wir gesagt haben, ist eine der gefährlichsten Klippen der Medialität; auch ist sie eine der am meisten vorkommenden, und man kann nicht genug Sorgfalt anwenden, sie zu bekämpfen, denn abgesehen von persönlichen Unannehmlichkeiten, die daraus folgen können, ist sie ein absolutes Hindernis für die Güte und Wahrhaftigkeit der Kundgebungen. Da Besessenheit, gleichgültig in welchem Maße, immer die Wirkung des Zwanges ist, dieser aber nie von einem guten Geist ausgeübt werden kann, folgt daraus, dass jede durch ein derart belästigtes Medium erteilte Kundgebung verdächtigen Ursprungs ist und kein Vertrauen verdient. Wenn sich darunter Gutes vorfindet, soll man es behalten und alles verwerfen, was einfach zweifelhaft ist.


243. Man erkennt Besessenheit an folgenden Anzeichen:


Beharrlichkeit eines Geistes, sich auf jeden Fall, sei es durch Schrift, Gehör, Typtologie usw., kundzugeben, und sich widersetzt, andere Geister zuzulassen.


Illusion des Mediums, die es trotz seiner Intelligenz hindert, das Falsche und Lächerliche der Mitteilungen zu erkennen.


Glaube an die Unfehlbarkeit und unumschränkte Identität der Geister, die sich mitteilen und unter einem achtungsvollen und ehrwürdigen Namen falsche oder absurde Dinge sagen.


Vertrauen des Mediums in die Lobreden der Geister, die sich ihm mitteilen.


Bestrebung, jene Personen zu entfernen, welche gute Ratschläge erteilen können.


Missfallen an der Kritik in Bezug auf die Mitteilungen, die man bekommt.


Unaufhörlichen und ungelegenes Bedürfnis zu schreiben.


Unbestimmter physischer Drang, welcher den Willen beherrscht und dazu zwingt, gegen den eigenen Willen zu handeln oder zu reden.


Beständige Geräusche und Änderungen ringsum, deren Ursache oder Ziel man ist.


244. In Anbetracht der Gefahr, so sehr von ungebetenen Geistern belästigt zu werden, fragt man sich, ob es nicht eine ärgerliche Sache ist, ein Medium zu sein? Ist es nicht diese Fähigkeit, die das bewirkt, mit einem Wort, ist hier nicht ein Beweis der nachteiligen Folge von spiritistischen Kundgebungen? Unsere Antwort ist leicht verständlich und wir bitten sie mit Sorgfalt zu erwägen.


Es sind weder die Medien noch die Spiritisten, welche die Geister geschaffen haben, wohl aber sind es die Geister, welche Spiritisten und Medien gemacht haben. Da die Geister nichts anderes sind als die Seelen von Menschen, gibt es Geister, seit es Menschen gegeben hat, und folglich haben sie zu jeder Zeit ihren wohltätigen oder nachteiligen Einfluss auf die Menschheit ausgeübt.


Die mediale Fähigkeit ist für sie nur ein Mittel, sich zu offenbaren. In Ermangelung dieser Fähigkeit tun sie es auf tausend andere mehr oder weniger verborgene Weisen. Es wäre also ein Fehler, zu glauben, dass die Geister ihren Einfluss nur durch geschriebene oder mündliche Kundgebungen ausüben. Dieser Einfluss besteht zu jeder Zeit, und diejenigen, welche sich nicht mit den Geistern beschäftigen oder nicht daran glauben, sind dem ebenso wie die anderen und sogar noch mehr als die anderen ausgesetzt, weil sie kein Gegengewicht haben. Die Medialität ist für den Geist ein Mittel, sich erkennen zu geben; ist er böse, so verrät er sich immer, so scheinheilig er auch sei. Man kann daher sagen, die Medialität gestattet, seinen Feind von Angesicht zu Angesicht zu sehen und, wenn man sich so ausdrücken kann, ihn mit seinen eigenen Waffen zu bekämpfen. Ohne diese Fähigkeit handelt er im Dunkeln, und durch seine Unsichtbarkeit begünstigt, kann er und macht auch in Wirklichkeit viel Böses.


Zu wie vielen Handlungen wird man nicht zu seinem Unglück hingetrieben, was man hätte vermeiden können, wenn man ein Mittel besessen hätte, sich aufzuklären. Die Ungläubigen wissen nicht, wie wahr sie reden, wenn sie von einem Menschen der sich mit Eigensinn irreführen lässt, sagen: „Es ist ein böser Geist, der ihn ins Verderben stürzt.” Auf diese Art muss die Kenntnis des Spiritismus, weit entfernt, den bösen Geistern die Herrschaft einzuräumen, in einer mehr oder weniger nahen Zeit, und wenn er verbreitet ist, das Resultat haben, diese Herrschaft zu zerstören, indem sie jedem die Mittel an die Hand gibt, sich vor ihren Eingebungen in Acht zu nehmen, und wer unterliegen wird, wird es nur sich selbst zuzuschreiben haben.


Es ist eine allgemeine Regel: wer immer schlechte spiritistische Mitteilungen erhält, seien es geschriebene oder mündliche, steht unter einem bösen Einfluss. Dieser Einfluss wirkt auf ihn, ob er schreibt oder nicht, d.h. er mag ein Medium sein oder nicht, er möge es glauben oder nicht. Die Schrift liefert das Mittel sich Gewissheit zu verschaffen, über die Natur der Geister, welche auf jemanden einwirken, und sie zu bekämpfen, wenn sie böse sind, was man noch mit viel größeren Erfolg tut, wenn es einem gelingt, den Beweggrund kennen zu lernen, der sie handeln lässt. Wenn er verblendet genug ist, um ihn zu begreifen, können ihm andere die Augen öffnen.


Kurz gesagt, die Gefahr liegt nicht im Spiritismus an und für sich, weil er im Gegenteil zur Kontrolle dienen und uns von jener Gefahr befreien kann, welcher wir ohne unser Wissen beständig ausgesetzt sind. Diese liegt in der stolzen Neigung gewisser Medien, sich zu leichtsinnig für die ausschließlichen Werkzeuge der höheren Geister zu halten, und in einer Art Verblendung, die ihnen nicht erlaubt, die Albernheiten zu begreifen, deren Fürsprecher sie sind. Selbst diejenigen, die keine Medien sind, können sich auf diese Art fangen zu lassen.


Lasst uns einen Vergleich anführen: ein Mann hat einen geheimen Feind, den er nicht kennt und der unter der Hand gegen ihn Verleumdungen und all das verbreitet, was die gemeinste Bosheit nur erfinden kann. Er sieht sein Glück verlorengehen, seine Freunde sich von ihm entfernen, seine innere Freude getrübt; ohne die Hand, die ihn schlägt, entdecken zu können; kann er sich nicht verteidigen und unterliegt. Aber eines Tages schreibt ihm dieser Feind und verrät sich trotz seiner Hinterlist. Siehe da, endlich ist sein Feind entdeckt, er kann ihn beschämen und sich wieder erheben. So ist die Rolle der bösen Geister, zu deren Erkennung und Vereitelung ihrer Pläne uns der Spiritismus die Möglichkeit bietet.



245. Die Gründe der Besessenheit variieren nach dem Charakter des Geistes: es ist manchmal eine Rache, die er an einem Individum ausübt, der ihm in diesem Leben oder in einer anderen Existenz geschadet hat; oft hat er auch keinen anderen Grund als den Wunsch, Böses zu tun. Wenn er leidet, so will er, dass auch andere leiden; er findet eine Art Vergnügen daran, andere zu plagen und zu quälen; auch reizt ihn die Ungeduld, die man zeigt, denn das ist seine Absicht, während man ihn mit Geduld ermüdet. Wenn man sich aufregt, und Verdruss zeigt, tut man genau das, was er will. Diese Geister handeln zuweilen aus Hass und aus Neid auf das Gute, deshalb werfen sie ihre boshaften Blicke auf die rechtschaffensten Menschen.


Einer von ihnen hat sich wie eine Motte an eine achtbare Familie aus unserer Bekanntschaft angehängt, die er übrigens nicht zu täuschen vermochte; darüber befragt, warum er seinen Angriff lieber gegen rechtschaffene Leute als gegen schlechte Menschen gerichtet habe, gab er zur Antwort: „Diese lösen bei mir keinen Neid aus.“ Andere sind durch ein Gefühl der Feigheit geleitet, welches sie bewegt, aus der moralischen Schwäche gewisser Menschen Nutzen zu ziehen, von denen sie wissen, dass sie nicht fähig sind, ihnen zu widerstehen. Einer von diesen letzteren, welcher einen jungen Mann von sehr beschränkter Intelligenz unterjocht hatte, gab uns auf die Frage nach dieser Wahl, zur Antwort: Ich fühle ein großes Bedürfnis, jemanden zu quälen; eine vernünftige Person würde mich zurückweisen, deshalb hänge ich mich an einen Dummkopf an, der mir keine Tugend entgegensetzt.“


246. Es gibt besetzende Geister ohne Bosheit, die sogar Gutes an sich haben, die aber auf ihr irrtümliches Wissen stolz sind. Sie haben ihre Ideen, ihre Systeme über die Wissenschaften, über die gesellschaftlichen Verhältnisse, über Philosophie. Sie wollen ihrer Meinung die Oberhand verschaffen und suchen zu diesem Zweck leichtgläubige Medien die das blindlings glauben und die sie verblenden, um sie daran hindern, das Wahre vom Falschen zu unterscheiden. Diese sind die gefährlichsten, weil ihre Scheinbeweise sie nichts kosten und weil sie ihren lächerlichsten Ansichten Glauben verschaffen können. Da sie den Zauber großer Namen kennen, machen sie sich keine Gewissenbisse, sich mit jenen zu zieren, vor denen man sich verneigt, und schrecken selbst vor der Gotteslästerung nicht zurück, sich Jesus, Jungfrau Maria oder einen anderen verehrten Heiligen zu nennen. Sie versuchen durch pomphafte Sprache zu blenden, die mehr geziert als tief ist, strotzend von technischen Ausdrücken, geschmückt mit großen Worten der Nächstenliebe und Moral. Sie werden sich hüten, einen schlechten Rat zu erteilen, weil sie wohl wissen, dass sie abgewiesen würden. Auch verteidigen diejenigen, welche sie missbrauchen bis zum Äußersten, indem sie sagen: „Ihr seht wohl, dass sie nichts Schlechtes sagen. Aber die Moral ist für sie nur ein Beglaubigungsschreiben, das ist ihre geringste Sorge; was sie vor allem wollen ist Herrschen und ihre Ideen aufzwingen, so unsinnig sie auch sein mögen.“


247. Die hartnäckigen Geister sind im allgemeinen sehr schreibselig, deshalb suchen sie Medien, die mit Leichtigkeit schreiben, aus denen sie willige und vor allem begeisterte Werkzeuge zu machen streben, indem Sie diese verblenden. Sie sind fast immer wortreich und geschwätzig, indem sie Qualität durch Quantität zu ersetzen suchen. Es gefällt ihnen, ihren Übermittlern umfangreiche, aber unverdauliche Schriften zu diktieren, die oft wenig verständlich sind und zum Glück als Gegengift die materielle Unmöglichkeit haben, von den Massen gelesen zu werden. Die wahrhaft erhabenen Geister sind sparsam in Worten; sie sagen viel mit wenig Worten. Auch muss der verschwenderische Wortschwall immer verdächtig erscheinen.


Man kann nicht umsichtig genug sein, wenn es sich darum handelt, solche Schriften zu veröffentlichen. Die Utopien und exzentrischen Ideen, die sie oft im Überfluss enthalten und die den gesunden Menschenverstand schockieren, bewirken einen sehr mangelnden, unerfreulichen Eindruck auf Neulinge, indem sie ihnen eine falsche Vorstellung vom Spiritismus vermitteln, wobei in solchen Schriften die Waffen liegen, derer sich die Feinde bedienen, um den Spiritismus ins Lächerliche zu ziehen. Unter diesen Veröffentlichungen gibt es einige, die, ohne gerade schlecht zu sein und ohne von einer Besessenheit zu stammen, als unklug, unangebracht oder ungeschickt betrachtet werden können.


248. Es geschieht ziemlich oft, dass ein Medium nur mit einem einzigen Geist verkehren kann, der sich ihm anhängt und der für diejenigen antwortet, die man durch seine Vermittlung anruft. Das ist nicht immer eine Besessenheit, denn es kann von einem Mangel an Anpassungsfähigkeit des Mediums und von einer besonderen Verwandtschaft von seiner Seite für diesen oder jenen Geist sein. Nur das ist die eigentliche Besessenheit, wenn sich der Geist aufdrängt und durch seinen Willen andere entfernt, was nie das Werk eines guten Geistes ist. Gewöhnlich duldet der Geist, welcher sich eines Mediums bemächtigt, in der Absicht, es zu beherrschen, keine kritische Prüfung seiner Aussagen; Wenn er sieht, dass sie nicht angenommen, sondern diskutiert werden, zieht er sich nicht zurück, sondern regt in dem Medium den Gedanken an, sich zu isolieren und oft befiehlt er es ihm sogar.



Jedes Medium, welches sich an der Kritik seiner erhaltenen Mitteilungen stößt, ist das Echo des Geistes, der es beherrscht und dieser Geist kann nicht gut sein, sobald er ihm einen unlogischen Gedanken einflößt, nämlich den, sich der Prüfung zu entziehen. Die Vereinsamung ist für das Medium immer eine missliche Sache, weil es für seine Mitteilungen keine Kontrolle hat. Es muss sich nicht nur aufklären durch das Urteil eines dritten, sondern es ist nötig, alle Arten von Kundgebungen kennen zu lernen um sie zu vergleichen.


Wenn ein Medium sich bloß auf die Mitteilungen beschränkt, die es bekommt, so gut sie ihm auch erscheinen mögen, setzt es sich der Täuschung über ihren Wert aus, ohne zu berücksichtigen, dass man allein nicht alles kennen kann und dass sie sich fast immer in einem und demselben Kreis drehen, (Nr. 192: Exklusive Medien)