DAS BUCH DER MEDIEN oder WEGWEISER FÜR MEDIEN UND ANRUFER

Allan Kardec

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NEUNUNDZWANZIGSTES KAPITEL
Spiritistische Sitzungen und Gesellschaften


• Über spiritistische Sitzungen generell • Von den eigentlichen Gesellschaften • Themeninhalte für Studien • Rivalität unter den Gesellschaften



Über spiritistische Sitzungen generell

324. Spiritistische Sitzungen können sehr große Vorteile gewähren, weil sie die Gelegenheit bieten, durch den wechselseitigen Austausch der Gedanken, durch die Fragen und Bemerkungen, welche jeder machen kann und aus denen jeder Nutzen zieht, sich zu informieren. Damit man aber davon alle wünschenswerten Früchte ziehen kann, erfordern sie besondere Bedingungen, welche wir untersuchen wollen, denn es wäre nicht recht, sie den gewöhnlichen Zusammenkünften gleichzustellen. Diese sind übrigens alle kollektiv in dem, was sie betrifft, ist eine natürliche Folge der vorausgehenden Belehrungen. Sie haben dieselbe Vorsicht anzuwenden, sie müssen sich vor denselben Klippen hüten wie die einzelnen, deshalb haben wir dieses Kapitel ans Ende gesetzt.

Spiritistische Sitzungen haben unterschiedlichen Charakter, je nach ihrem Zweck. Ihre Existenzbedingungen müssen daher ebenfalls unterschiedlich sein. Ihrer Natur nach können sie frivol, experimentierend oder belehrend sein.

325. Die frivolen Sitzungen bestehen aus Personen, die nur die amüsante Seite der Kundgebungen sehen, sich an den Scherzen der leichtfertigen Geister ergötzen, die von solchen Versammlungen große Liebhaber sind, wo sie die volle Freiheit haben, sich zu produzieren, und sie verzichten nicht darauf. Hier ist es, wo man allerlei Banalitäten fragt, wo man sich die Zukunft durch die Geister sagen lässt, wo man ihren Scharfsinn auf die Probe stellt, um das Alter, oder, was man in der Tasche hat, zu erraten, sich kleine Geheimnisse und tausend andere Sachen von solcher Wichtigkeit enthüllen lässt.

Diese Versammlungen sind ohne Bedeutung, aber da die leichtfertigen Geister manchmal sehr intelligent und gewöhnlich von leichtem und jovialem Humor sind, kommen dort oft sehr bemerkenswerte Sachen vor, wovon der Beobachter seinen Nutzen ziehen kann. Jemand, der nichts anderes gesehen hätte als das, und der die Geisterwelt nach diesen Proben beurteilen würde, der machte sich von ihr eine ebenso falsche Vorstellung, wie derjenige, der die sogenannte Bevölkerung einer großen Stadt nach gewissen Vorstädten beurteilen würde. Der einfache gesunde Sinn sagt uns, dass die erhabenen Geister nicht in solche Versammlungen kommen können, wo die Zuschauer nicht mehr Ernst besitzen, als die Akteure. Wenn man sich mit nichtigen Dingen beschäftigen will, muss man freilich die leichtfertigen Geister rufen, so wie man Seiltänzer rufen würde, um eine Gesellschaft zu unterhalten. Es wäre aber eine Entweihung, darin verehrte Namen einzuladen und das Heilige mit dem Profanen zu vermischen.

326. Die experimentellen Sitzungen haben mehr das Hervorbringen der physischen Manifestation zum Gegenstand. Für viele Personen ist dies mehr ein sehenswürdiges Schauspiel als belehrend. Die Ungläubigen gehen mehr verwundert als überzeugt weg, wenn sie nichts anderes gesehen haben. Ihre ganze Aufmerksamkeit ist auf das Aufsuchen von geheimen Fäden gerichtet, denn da sie sich über nichts im Klaren sind, vermuten sie einen Betrug zu entdecken. Ganz anders verhält es sich mit denen, welche nachgedacht haben. Sie begreifen im Voraus die Möglichkeit, und positive Tatsachen bestimmen und beenden danach ihre Überzeugung. Wenn dabei ein Betrug stattfände, wären sie imstande, ihn zu entdecken.

Abgesehen hiervon haben diese Versuche einen Nutzen, den niemand verkennen wird, denn sie sind es, welche zur Entdeckung der Gesetze führen, welche die unsichtbare Welt regieren, und für viele Menschen sind sie ohne Widerrede ein mächtiger Beweggrund der Überzeugung. Aber wir behaupten, dass sie für sich allein ebenso wenig zur spiritistischen Wissenschaft führen können, wie der Anblick eines genialen Mechanismus die Mechanik kennen lehrt, wenn man ihre Gesetze nicht kennt. Wenn die physischen Manifestationen mit Methode und Klugheit vorgenommen werden, wird man durch sie weit bessere Erfolge erzielen. Wir werden zu diesem Thema gleich zurückkommen.

327. Die unterweisenden Sitzungen haben einen ganz anderen Charakter, und da sie es sind, welche die wahre Belehrung gewähren können, bestehen wir noch mehr auf den Bedingungen, welche sie zu erfüllen haben.

Die erste Bedingung von allen ist im vollen Sinne des Wortes, ernsthaft zu bleiben. Man muss sich überzeugen, dass die Geister an die man sich wenden will, von ganz besonderer Art sind. Damit das Erhabene sich nicht mit dem Trivialen vereinigen kann, noch das Böse mit dem Guten, wenn man gute Mitteilungen erhalten will, so muss man sich an die guten Geister wenden. Aber es ist nicht genug, gute Geister zu rufen. Man muss als Hauptbedingung ihnen günstige Umstände bieten, denn die höheren Geister kommen nicht in die Versammlungen leichtsinniger und oberflächlicher Menschen, wohin sie zu ihren Lebzeiten auch nicht gegangen wären.

Eine Sitzung ist nur dann ernsthaft, wenn sie sich unter Ausschluss aller anderen, nur mit nützlichen Dingen beschäftigt. Wenn sie aus Neugierde oder zum Zeitvertreib außerordentliche Erscheinungen zu erhalten anstrebt, können die Geister, welche sie hervorbringen, kommen, aber die anderen ziehen sich zurück. Mit einem Wort: gleichgültig was die Sitzung für einen Charakter hat, sie wird immer Geister finden, die bereit sind, ihre Absichten zu unterstützen. Eine ernste Sitzung entfernt sich von ihrem Ziel, wenn sie zugunsten des Vergnügens die Belehrung vernachlässigt. Die physischen Manifestationen haben, wie wir sagten, ihren Nutzen. Mögen diejenigen, die sie sehen wollen, in experimentellen Sitzungen gehen, mögen sich diejenigen, die sie begreifen wollen, in Studiengruppen begeben. Nur auf diese Art können die einen wie die anderen ihre spiritistischen Kenntnisse ergänzen, so wie beim Studium der Medizin die einen die Kurse, die anderen die Klinik besuchen.

328. Das spiritistische Wissen umfasst nicht nur den von den Geistern erteilten moralischen Unterricht, sondern auch das Studium der Tatsachen. Ihr kommt die Theorie, alle Phänomene, die Untersuchung der Ursachen und als Folge die Bestandsaufnahme dessen zu, was möglich und was unmöglich ist. Kurzum, die aufmerksame Betrachtung all dessen, was der Wissenschaft zum Fortschritt verhelfen kann. Man würde sich nun täuschen, zu glauben, dass die Tatsachen auf die außerordentlichen Erscheinungen beschränkt sind, dass die, welche die Sinne am meisten beeindrucken, der Aufmerksamkeit am meisten würdig sind. Man begegnet ihnen bei jedem Schritt in den intelligenten Mitteilungen, was die zum Studium versammelten Personen nicht übersehen dürfen. Diese Tatsachen, welche aufzuzählen unmöglich wäre, gehen aus einer Menge unvorhergesehener Umstände hervor. Obwohl weniger hervorstechend, sind sie dennoch von größter Wichtigkeit für den Beobachter, der darin entweder die Bestätigung eines bekannten Prinzips, oder die Enthüllung eines neuen Grundsatzes finden wird, der ihn tiefer in die Geheimnisse der unsichtbaren Welt eindringen lässt. Auch da ist eine Philosophie.

329. Die Studiengruppen sind überdies von einem ungemein großen Nutzen für Medien für intellektuelle Manifestationen, besonders für jene, welche einen ernsten Willen haben, sich zu vervollkommnen, und welche nicht mit einer albernen Anmaßung ihrer Unfehlbarkeit dahin kommen. Eine der größten Gefahren für die Medialität ist, wie wir gesagt haben, die Besessenheit und Verblendung. Ein Medium kann sich deshalb mit sehr gutem Glauben falsche Vorstellungen vom Wert dessen machen, was ihm mitgeteilt wird, und man begreift, dass die Trug-Geister ihr freies Spiel haben, wenn sie es mit einem verblendeten Medium zu tun bekommen. Deshalb entfernen sie ihr Medium von jeglicher Kontrolle und flößen ihm im Notfall auch eine Abneigung gegen jedermann ein, der es aufklären könnte. Durch seine Isolierung und durch die Verblendung begünstigt, können sie es leicht dazu bringen, alles zu akzeptieren, was sie wollen.

Wir können es nicht genug wiederholen, hier ist nicht nur die Klippe, sondern auch die Gefahr, ja wir sagen es, eine wahre Gefahr. Das einzige Mittel, derselben zu entgehen, ist die Kontrolle uneigennütziger und wohlwollender Personen, welche die Mitteilungen mit Kaltblütigkeit und Unparteilichkeit beurteilen, dem Medium die Augen öffnen und es das wahrnehmen lassen, was das Medium selbst nicht sehen kann. Jedes Medium, welches eine solche Beurteilung scheut, ist schon auf dem Weg des Besessen seins.

Wer glaubt, das Licht sei nur für ihn erschaffen, ist schon vollständig unter dem Joch. Wenn er die Bemerkungen übel nimmt, wenn er sie ablehnt und sich ärgert, kann er bezüglich der schlechten Natur des Geistes, der ihm beisteht, keine Zweifel haben.

Wir haben gesagt, einem Medium können die nötigen Kenntnisse fehlen, um die Irrtümer zu begreifen, es kann sich durch große Worte und eine angemaßte Sprache beirren lassen, kann durch Sophismen verführt werden, und zwar im besten Glauben von der Welt. Deshalb soll es wegen Mangel an eigener Kenntnis bescheiden seine Zuflucht zu der anderer Leute nehmen, entsprechend der zwei Lebensweisheiten, dass vier Augen mehr sehen als zwei, und dass man in eigener Sache nie einen guten Richter abgeben kann. In dieser Hinsicht sind daher die Sitzungen für ein Medium von sehr großem Nutzen, wenn es vernünftig genug ist, die Meinungen anzuhören, weil hier hellsichtige Personen sind, welche die oft winzigen Nuancen wahrnehmen werden, wodurch der Geist seine Niedrigkeit verrät.

Jedes Medium, das aufrichtig wünscht, nicht der Spielball der Lüge zu werden, muss daher trachten, sich in einer ernsten Sitzung einführen zu lassen und dort mitzuteilen, was es für sich erhält. Es muss mit Dankbarkeit die kritische Prüfung der Mitteilungen die es erhält, annehmen und sogar darum bitten. Wenn es den Trug- Geistern ausgesetzt ist, ist es das sicherste Mittel, sich von ihnen zu befreien, indem es ihnen zeigt, dass es sich nicht betrügen lässt. Übrigens ist ein Medium, das sich über Kritik ärgert umso schlechter dran, als dabei seine Eigenliebe gar nicht beteiligt ist, weil das, was die Manifestation enthält, nicht von ihm kommt, und weil es daher ebenso wenig verantwortlich ist, als wenn es Verse von einem schlechten Dichter lesen würde.

Wir haben auf diesen Punkt besonderes Gewicht gelegt, weil, wenn das eine Klippe für die Medien ist, sie auch eine für die Sitzungen ist, denen daran liegen muss, nicht jedem Vermittler der Geister Glauben zu schenken. Jede Mitwirkung eines beherrschten oder verblendeten Mediums wäre für sie mehr schädlich als nützlich, sie dürfen daher ein solches Medium nicht annehmen.

Wir glauben dieses Thema ausgeführt zu haben, damit es unmöglich sein wird, sich über die Merkmale der Beherrschung zu täuschen, wenn das Medium diese nicht selbst erkennen kann. Eines der auffälligsten Merkmale ist ohne Widerrede die Anmaßung, gegen alle allein Recht zu haben wollen. Die beherrschten Medien, die es nicht zugeben wollen, gleichen Kranken, die sich über ihre Gesundheit Illusionen machen und sich zugrunde richten weil sie sich keiner Heilmethoden unterziehen wollen.

330. Eine ernsthafte Sitzung muss sich vornehmen, lügenhafte Geister auszuschließen. Er wäre im Irrtum zu glauben, dass er wegen seines Zwecks und wegen der Qualität seiner Medien frei von allen Gefahren sei. Es wird nur in dem Maße gelingen, wie er sich selbst günstige Voraussetzungen schafft. Um es besser zu begreifen, was unter diesen Umständen vor sich geht, bitten wir darum, sich an das zu erinnern, was wir unter Nr. 231 über den Einfluss des Umfeldes gesagt haben. Man muss sich jeden einzelnen Menschen als von einer gewissen Anzahl unsichtbarer Gehilfen umgeben vorstellen, die sich mit seinem Charakter, seinem Geschmack und seinen Neigungen vereinigen. Daher bringt jede Person, welche an einer Sitzung teilnimmt Geister mit sich, die mit ihr sympathisieren. Nach ihrer Anzahl und nach ihrer Natur können diese Gehilfen auf die Versammlungen und auf die Geisterbotschaften einen guten oder üblen Einfluss nehmen. Ein vollkommene Sitzung wäre also die, in welcher alle Mitglieder von gleicher Liebe zum Guten beseelt wären, daher nur gute Geister mit sich brächten. In Ermangelung von Vollkommenheit wird die Sitzung die Beste sein, wo das Gute stärker ist als das Böse. Dieses ist zu logisch, als dass es nicht nötig ist, sich länger damit aufzuhalten.

331. Eine Sitzung ist ein kollektives Wesen, seine Eigenschaften und Eigentümlichkeiten sind das Resultat der Eigenschaften aller seiner Mitglieder und sie bilden gleichsam einen Bund. Dieser Bund wird nun eine umso größere Kraft haben, je homogener sie sein wird. Wenn man gut verstanden hat, was (in Nr. 282 zur Frage 5) über die Art, wie die Geister über unsere Anrufung verständigt werden, gesagt wurde, wird man leicht die Macht des Zusammenschlusses der Gedanken aller Anwesenden begreifen. Wenn der Geist durch den Gedanken gewissermaßen getroffen wird, so wie wir von der Stimme werden zwanzig zu demselben Zweck vereinigte Personen notwendigerweise mehr Kraft haben, als eine einzige. Damit sich aber alle diese Gedanken auf dasselbe Ziel hinwirken, müssen sie im Einklang schwingen, sich sozusagen in eine vermischen, was ohne innere Sammlung nicht geschehen kann.

Andererseits fühlt sich der Geist, wenn er in einen ihm vollkommen sympathischen Kreis kommt, viel wohler, da er dort nur Freunde findet, kommt er viel lieber dahin und ist viel williger zu antworten. Wer immer den spiritistischen intelligenten Manifestationen mit Aufmerksamkeit gefolgt ist, hat sich von dieser Wahrheit über-zeugen können. Wenn aber die Gedanken verschieden sind, entsteht daraus für den Geist ein unangenehmes Zusammentreffen von Ideen, was auf die Kundgebung nachteilig wirkt. Ebenso verhält es sich mit einem Menschen, der zu einer Versammlung zu reden hat. Wenn er fühlt, dass alle Gedanken für ihn freundlich und wohlwollend sind, wirkt der Eindruck, den er davon erhält, auf seine eigenen Ideen und gibt ihm mehr Begeisterung. Die Einmütigkeit dieser Mitwirkung übt auf ihn eine Art magnetischen Einfluss aus, der ihn belebt, während Gleichgültigkeit und Feindseligkeit ihn verwirrt und lähmt. Auf diese Weise werden die Schauspieler durch Beifallklatschen aufgeladen, elektrisiert. Nun sind aber die Geister sehr viel empfänglicher als die Menschen, und müssen deshalb noch viel mehr den Einfluss des Umfeldes spüren.

Jede spiritistische Sitzung muss daher nach der größtmöglichen Homogenität streben. Es versteht sich wohl, dass wir von jenen sprechen, welche zu ernsthaften und wahrhaft nützlichen Ergebnissen gelangen wollen. Wenn man nur einfach Mitteilungen erhalten will, ohne sich um die Eigenschaften derer zu kümmern, welche sie erteilen, ist es einleuchtend, dass alle diese Vorsichtsmaßnahmen nicht nötig sind, aber dann kann man sich über die Beschaffenheit des Erzeugten nicht beklagen.

332. Da die innere Sammlung und die Übereinstimmung der Gedanken die wesentlichen Bedingungen einer jeder ernsthaften Sitzung bilden, ist es begreiflich, dass eine zu große Anzahl von Anwesenden eine Ursachen sein muss, die der Homogenität am meisten entgegenwirkt sein muss. Es gibt keine absolute Grenze für diese Anzahl, und man sieht ein, dass 100 hinreichend, andächtige und aufmerksame Personen in besserer Form sind, als zehn zerstreute und lärmende Personen. Es ist aber ebenso einleuchtend, dass je größer die Anzahl ist, desto schwieriger die Bedingungen zu erfüllen sind. Es ist übrigens eine erwiesene Tatsache, dass die kleineren vertraulichen Zirkel für schöne Mitteilungen immer günstiger sind als größere, und zwar aus den Gründen, die wir eben entwickelt haben.

333. Es gibt noch ein Punkt, der ebenfalls nicht weniger notwendig ist, nämlich die Regelmäßigkeit der Sitzungen. In jeder Sitzung gibt es immer Geister, die man die regelmässigen Gäste nennen kann und wir verstehen darunter nicht jene Geister, die sich überall einfinden und sich in alles einmischen. Es sind dies entweder die Schutzgeister oder diejenigen, welche man am häufigsten fragt. Man soll nicht glauben, dass die Geister nichts anderes zu tun haben, als uns anzuhören. Sie haben ihre Beschäftigungen und können sich in ungünstigen Situationen befinden, um angerufen zu werden. Wenn die Sitzungen an bestimmten Tagen und zu bestimmten Stunden stattfinden, richten sie sich danach und versäumen sie selten. Es gibt auch solche Geister, die die Pünktlichkeit bis zum Übermaß treiben. Sie sind ungehalten über eine Verspätung von einer Viertelstunde, und wenn sie selbst eine Stunde zur Unterredung bestimmen, würde man sie vergebens einige Minuten früher rufen. Setzen wir noch hinzu, dass, obwohl die Geister die Regelmäßigkeit vorziehen, diejenigen, welche wahrhaft erhaben sind, in dieser Beziehung nicht so kleinlich sind. Die Forderung strenger Pünktlichkeit ist ein Zeichen der Niedrigkeit, wie alles, was kindisch ist. Erhabene Geister können auch außer den festgesetzten Stunden kommen und sie kommen auch gern, wenn der Zweck nützlich ist. Nichts hingegen ist für die guten Kommunikationen schädlicher, als sie unüberlegt zu rufen, wann wir gerade Lust bekommen. Da sie nicht verpflichtet sind, sich unseren Launen zu fügen, so könnte es geschehen, dass sie sich von uns nicht belästigen lassen und vor allem dann könnten andere ihre Stelle und ihren Namen annehmen.

Von den eigentlichen Gesellschaften

334. Alles, was wir im Allgemeinen über die Versammlungen gesagt haben, gilt natürlich auch für die regelmäßig eingesetzten Gesellschaften. Diese haben insbesondere mit Schwierigkeiten zu kämpfen, die aus den Verbundenheiten der Mitglieder zueinander hervorgehen. Um viele an uns gerichteten Fragen bezüglich der Zusammensetzung spiritistischer Gesellschaft nachzukommen, fassen wir hier kurz einige Erläuterungen zusammen.

Da der Spiritismus noch sehr jung ist wird noch zu unterschiedlich beurteilt und von einer großen Anzahl von Anhängern noch zu wenig in seiner Wesenheit verstanden, um als mächtiges Band zwischen den Gliedern dessen zu dienen, was man eine Gesellschaft nennen könnte. Dieses Band kann nur unter denen bestehen, die darin das moralische Ziel erblicken, es verstehen und auf sich selbst anwenden. Unter denen, die in den Tatsachen nur mehr oder weniger Merkwürdiges erblicken, kann kein ernstes Band bestehen. Wenn Tatsachen über Grundsätze gestellt werden, kann sie eine einfache Abweichung in der Anschauungsweise zur Entzweiung führen. Nicht so verhält es sich bei den ersteren, denn über die moralische Frage können nicht zweierlei Anschauungen bestehen. Auch ist zu bemerken, dass überall, wo sie sich begegnen, ein wechselseitiges Vertrauen sie zueinander hinzieht und das gegenseitige Wohlwollen, welches unter ihnen herrscht, verbannt die Befangenheit und die Spannung, welche aus der Empfänglichkeit und dem Hochmut entsteht, der durch den geringsten Widerspruch beleidigt ist, wie dem Egoismus, der alles auf sich bezieht. Eine Gesellschaft, wo ausnahmslos solche Gefühle herrschen, wo man sich in der Absicht versammelt, sich durch den Unterricht der Geister belehren zu lassen, und nicht in der Hoffnung, mehr oder weniger Interessantes zu sehen oder seine Meinung geltend zu machen, eine solche Gesellschaft, sagen wir, wäre nicht nur lebensfähig, sondern unauflöslich. Die Schwierigkeit, jetzt schon zahlreiche gleichgesinnter Elemente mit diesem Standpunkt zusammen zu bringen, führt uns zu der Äußerung die spiritistischen Zusammenkünfte müssen im Interesse der Studien und zum Wohle der Sache bestrebt sein, sich durch kleine Gruppen zu vermehren, anstatt große Massen zu konstituieren. Wenn diese Gruppen unter sich korrespondieren, sich besuchen und sich ihre Wahrnehmungen mitteilen, können sie von nun an den Kern der großen spiritistischen Familie bilden, welche eines Tages alle Meinungen vereinigen und die Menschen in ein und demselben Gefühl der Brüderlichkeit vereinigen wird, besiegelt durch die christliche Nächstenliebe.

335. Wir haben gesehen, von welcher Wichtigkeit die Homogenität der Gefühle ist, um gute Resultate zu erhalten. Diese Gleichartigkeit ist zwangsläufig umso schwieriger zu erzielen, je größer die Anzahl ist. In den kleinen Kreisen kennt man sich besser, man ist sicherer bezüglich der Elemente, welche man dahin einführt. Das Stillschweigen und die innere Sammlung sind dort viel leichter und alles läuft hier wie in der Familie ab. Die großen Versammlungen schließen durch die Verschiedenheit der Elemente, aus denen sie bestehen, die Vertraulichkeit aus. Sie benötigen spezielle Lokalitäten, geldliche Mittel und einen Verwaltungsapparat, was bei den kleinen Gruppen unnötig ist. Die Verschiedenheit der Charaktere, der Ideen und der Meinungen prägt sich in größeren Vereinen deutlicher aus und bietet den Geistern Anlässe, mit größerer Leichtigkeit Zwietracht zu säen. Je größer die Sitzung ist, desto schwieriger ist es, jedermann zufrieden zu stellen. Ein jeder will, dass die Arbeiten nach seinem Willen geleitet werden, dass man sich vorzüglich mit jenen Themen beschäftigt, welche ihn besonders interessieren. Einige glauben, dass ihnen die Mitgliedschaft das Recht gebe, ihre Anschauungsweise vorschreiben zu können. Daher die Reibereien, eine Ursache des Missbehagens, welche früher oder später zur Zwietracht und dann zur Auflösung führt, ein Schicksal aller Gesellschaften, gleichgültig welchen Zweck sie auch haben. Die kleinen Zirkel sind solchen Schwankungen nicht ausgesetzt. Der Sturz einer großen Gesellschaft wäre ein offenbarer Verlust für die Sache des Spiritismus und seine Feinde würden nicht versäumen, sich das zunutze zu machen. Die Auflösung einer kleinen Gruppe geht unbemerkt vor sich, und übrigens, wenn sich die eine zersprengt, bilden sich zwanzig andere an ihrer Stelle. Nun aber erhalten zwanzig Gruppen zu 15 bis 20 Personen mehr und bewirken mehr für die Ausbreitung als eine Versammlung von 300 bis 400 Menschen.

Man wird ohne Zweifel sagen, dass die Mitglieder von einer Gesellschaft, die so handelten, wie wir eben schilderten, keine wahren Spiritisten wären, weil die erste Pflicht, welche diese Lehre auferlegt, Nächstenliebe und Wohlwollen sind. Das ist ganz richtig. Auch sind diejenigen, welche Nächstenliebe und Wohlwollen nicht kennen, mehr Spiritisten dem Namen nach, als in der Tat. Sie gehören offenbar nicht zur dritten Kategorie. (Siehe Nr. 28) Aber wer will denn behaupten, dass jene überhaupt Spiritisten sind? Hier taucht eine Überlegung auf, die nicht unbedeutend ist.

336. Vergessen wir es nicht, dass der Spiritismus Feinde hat, denen daran gelegen ist, ihm entgegen zu wirken, und die seine Erfolge mit Missfallen betrachten. Die gefährlichsten sind nicht die, welche ihn öffentlich bekämpfen, sondern die, die im Verborgenen handeln. Diese streicheln ihn mit der einen Hand und zerreißen ihn mit der anderen. Diese boshaften Menschen schleichen sich überall ein, wo sie Böses zu tun hoffen. Da sie wissen, dass Einigkeit eine Macht ist, trachten sie dieselbe zu zerstören, indem sie die Fackel der Zwietracht werfen. Wer sagt also, dass die, welche in den Sitzungen Verwirrung und Zänkerei säen, nicht an Unruhe interessierte Provokateure sind? Das sind ganz sicher weder wahre noch gute Spiritisten. Sie können nie Gutes tun, aber viel Böses stiften. Man begreift, dass sie sich mit viel größerer Leichtigkeit in die zahlreichen Versammlungen einschleichen können, als in die kleinen Zirkel, wo jeder den andern kennt. Durch geheime Machenschaften begünstigt, die unbemerkt bleiben, säen sie Zweifel, Misstrauen und Desinteresse. Unter dem Schein eines heuchlerischen Interesse für die Sache kritisieren sie alles, bilden Gruppen, welche bald die Harmonie der Versammlung stören: das ist es, was sie wollen. Gegenüber solchen Leuten an Gefühle der Nächstenliebe und Brüderlichkeit zu appellieren, heißt zu freiwillig tauben Ohren reden, denn ihr Ziel besteht gerade darin, jene Gefühle zu zerstören, welche das größte Hindernis für ihre Machenschaften sind. Diese Sachlage der Dinge, welche für jede Gesellschaft fatal ist, ist es umso mehr für die spiritistischen Vereine, weil, wenn sie nicht zum Bruch führt, sie dennoch eine Besorgnis bewirkt, die mit der erforderlichen inneren Sammlung und Aufmerksamkeit unvereinbar ist.

337. Man wird sagen, wenn der Verein auf einem falschen Weg ist, haben da die vernünftigen und wohlgesinnten Menschen nicht das Recht zur Kritik, und das Übel, ohne etwas zu sagen, geschehen lassen, sollen sie es durch ihr Stillschweigen gut heißen? Ohne Zweifel haben sie dazu das Recht, mehr noch, es ist ihre Pflicht. Wenn aber ihre Absicht wahrhaft gut ist, tragen sie ihre Meinung mit Anstand und Wohlwollen öffentlich und nicht im geheimen vor. Wenn man ihnen kein Gehör schenkt, ziehen sie sich zurück, denn man würde nicht begreifen, dass derjenige, der keinen Hintergedanken hätte, darauf besteht, in einer Gesellschaft zu bleiben, wo man Dinge tut, die ihm nicht zusagen.

Man kann daher den Grundsatz aufstellen, dass, wer immer in einer spiritistischen Gesellschaft durch irgendwelche Mittel Unordnung oder Uneinigkeit hervorruft, entweder offen oder unter der Hand, ein Anstifter oder wenigstens ein sehr schlechter Spiritist ist, von dem man sich so schnell wie möglich befreien sollte. Aber die Verpflichtungen selbst, welche alle Mitglieder untereinander verbinden, bieten da oft ein Hindernis. Deshalb soll man unauflösliche Verbindungen vermeiden. Gute Menschen fühlen sich stets im richtigen Mass verpflichtet, Übelgesinnte immer übermässig.

338. Außer den notorisch Übelgesinnten, welche sich in die Versammlungen einschleichen, gibt es auch solche, die vermöge ihres Charakters Verwirrung hin mit sich bringen, überall wo sie sich einfinden. Man kann daher bei der Aufnahme neuer Elemente nicht vorsichtig genug sein. Die fatalsten sind in diesem Fall nicht die auf diesem Gebiete Unwissenden, auch nicht einmal diejenigen, welche nicht glauben: Überzeugung gewinnt man nur durch die Erfahrung, und es gibt Menschen, die sich im guten Glauben informieren wollen. Diejenigen aber, vor denen man sich besonders hüten muss, sind Leute mit einem vorgefassten System, Ungläubige aus Vorsatz, die alles, selbst eine klare Tatsache bezweifeln, die Hochmütigen, die da glauben, dass nur sie die Weisheit gepachtet haben, die ihre Meinung überall durchsetzen wollen, und jeden mit Verachtung betrachten, der nicht so denkt, wie sie. Lasst euch nicht täuschen durch ihren vorgeschützten Wunsch, sich zu informieren. Es gibt ihrer mehr als einen, der darüber sehr aufgebracht wäre, gestehen zu müssen, er habe sich geirrt. Hütet euch besonders vor jenen langweiligen Rednern, welche immer das letzte Wort haben wollen, und vor jenen, die sich nur im Widerspruch gefallen. Die einen wie die andern verlieren ihre Zeit ohne Nutzen für sich selbst. Die Geister lieben unnütze Worte nicht.

339. In Anbetracht der Notwendigkeit, jede Ursache der Verwirrung und der Ablenkung zu vermeiden, muss eine spiritistische Gesellschaft, die sich organisiert, alle ihre Aufmerksamkeit auf geeignete Maßnahmen richten, um den Anstiftern von Unordnung die Mittel, zu schaden, zu nehmen und sich die größte Möglichkeit zu verschaffen, diese zu beseitigen. Kleine Gruppen benötigen nur eine sehr einfache Verhaltungsvorschrift, zur Erhaltung der Ordnung in den Sitzungen. Die regulär eingesetzten Gesellschaften erfordern eine viel verzweigtere Organisation. Die Beste wird jene sein, deren Betrieb am unkompliziertesten ist. Die einen wie die andern können das, was für sie passt, oder was sie für sich als nützlich erachten, aus dem Reglement der Pariser Gesellschaft für spirituelle Studien schöpfen, welches wir nachfolgend wiedergeben.

340. Die kleinen und grossen Gesellschaften und alle Versammlungen, von welcher Bedeutung sie auch sein mögen, haben noch gegen ein anderes Hindernis anzukämpfen. Die Anstifter von Unordnung sind nicht nur in ihrer Mitte, sie befinden sich auch in der unsichtbaren Welt. Ebenso wie es Schutzgeister für Gesellschaften, Städte und Völker gibt, hängen sich auch böse Geister an Gruppen, wie an Individuen. Zuerst machen sie sich an die Schwächsten und Zugänglichsten heran, suchen sie zu ihren Werkzeugen zu machen und bemühen sich, nach und nach die Massen zu umzingeln, denn ihre boshafte Freude steht im Verhältnis zur Anzahl derer, die sie unter ihrem Joch haben. So oft also in einer Gruppe eine Person in die Falle geht, muss man sich sagen, dass es einen Feind im Lager gibt, einen Wolf im Schafstall, und man sich in acht nehmen muss. Denn es ist mehr als wahrscheinlich, dass er seine Versuche vervielfältigen wird, wenn man ihm nicht durch energischen Widerstand den Mut nimmt, wird Beherrschung dann wie ein ansteckendes Übel, das sich bei den Medien durch eine Störung der Medialität, bei den anderen durch feindselige Gefühle, durch Verdrehung des Moralgefühls und Störung der Harmonie zeigt. Da das stärkste Gegenmittel gegen dieses Gift Nächstenliebe ist, suchen sie diese zu ersticken. Man muss daher nicht warten, bis das Übel unheilbar wird, um Abhilfe zu bringen. Man darf nicht einmal die ersten Symptome abwarten, man muss bemüht sein, dem zuvorzukommen. Dafür gibt es zwei wirksame Mittel, wenn sie gut angewendet werden: das Gebet von Herzen und die aufmerksame Beobachtung der kleinsten Anzeichen, welche die Anwesenheit von Trug-Geistern enthüllen. Das erstere zieht gute Geister an, welche nur jenen mit Eifer beistehen, die sie durch ihr Vertrauen auf Gott unterstützen, das zweite beweist den Bösen, dass sie es mit scharfsinnigen und vernünftigen Menschen zu tun haben, die sich nicht täuschen lassen. Wenn eines der Mitglieder dem Einfluss der Besessenheit unterliegt, muss man alle Mühe anwenden, gleich beim ersten Anzeichen ihm die Augen zu öffnen, aus Furcht, dass sich das Übel nicht vergrößert, um ihn zu der Überzeugung zu bringen, dass er sich geirrt hat, und den Wunsch, jene zu unterstützen, welche ihn befreien wollen.

341. Der Einfluss der Umgebung ist die Folge der Natur der Geister und ihrer Handlungsweise gegenüber den lebenden Menschen. Aus diesem Einfluss kann jeder sich selbst die für eine Gesellschaft günstigsten Bedingungen ableiten, um sich die Sympathie der guten Geister zu erwerben und nur gute Mitteilungen zu erhalten indem man die schlechten verwirft. Alle diese Bedingungen liegen in der moralischen Beschaffenheit der Teilnehmer. Sie lassen sich in folgenden Punkten zusammenfassen:

Vollkommene Übereinstimmung von Ansichten und Gefühlen.

Wechselseitiges Wohlwollen unter allen Mitgliedern.

Entsagung jedes, der wahren christlichen Nächstenliebe entgegenstehenden Gefühls.

4) Einmütiger Wunsch, sich durch den Unterricht der guten Geister nur belehren und bessern zu lassen und Verwendung ihrer Ratschläge. Wer immer davon überzeugt ist, dass die höheren Geister sich in der Absicht manifestieren, unseren Fortschritt zu fördern und nicht zu unserem Vergnügen, der wird begreifen, dass sie sich von denen entfernen müssen, die sich darauf beschränken, ihren Stil zu bewundern, ohne daraus irgendwelchen Nutzen zu ziehen, und die nur aus einem größeren oder geringeren Interesse zu den Sitzungen hingezogen werden, die sie ihnen nach ihren speziellen Neigungen bieten.

5) Ausschluss alles dessen in den von den Geistern erbetenen Mitteilungen, was nur die Neugierde zum Ziel hätte.

6) Innere Sammlung und respektvolle Ruhe während der Unterredungen mit den Geistern.

7) Vereinigung aller Anwesenden im Denken bei der Anrufung der Geister.

8) Mitwirkung der Medien der Sitzung mit Entsagung jeglichen Gefühls von Hochmut, Eigenliebe und Überlegenheit und durch den einheitlichen Wunsch, sich nützlich zu machen.

Sind diese Bedingungen so schwer zu erfüllen, dass man sie nicht antreffen könnte? Wir denken es nicht, wir hoffen vielmehr, dass die wahrhaft ernsten Vereine, wie sie bereits an verschiedenen Orten bestehen, sich vervielfältigen werden, und wir zögern nicht, zu sagen, dass sie es eben sind, denen der Spiritismus seine mächtigste Verbreitung verdanken wird. Indem sie ehrenvolle und gewissenhafte Menschen vereinigen, werden sie der Kritik Stillschweigen auferlegen, und je reiner ihre Absichten sind, desto mehr werden sie selbst von ihren Gegnern geachtet sein. Wenn der Spott sich am Guten vergreift, hört er auf zum Lachen zu reizen, er macht sich verächtlich. Gerade zwischen den Vereinen von solcher Art werden sich zwangsläufig ein wahrhaft sympathisches Band, eine wechselseitige Solidarität bilden, und sie werden zum allgemeinen Fortschritt beitragen.

342. Es wäre ein Irrtum, zu glauben, dass die Vereine, in denen man sich spezieller mit den physischen Manifestationen befasst, außerhalb dieses brüderlichen Bandes stehen und dass sie jeden ernsthaften Gedanken ausschließen. Wenn sie auch keine so strengen Bedingungen erfordern, so wohnte man ihnen nicht ungestraft mit Leichtsinnigkeit bei und man würde irren, zu glauben, dass die Mitwirkung von Helfern dort nicht gegeben sei. Man hat den Beweis vom Gegenteil in der Tatsache, dass oft Manifestationen dieser Art, von mächtigen Medien angeregt, bei gewissen Umgebungen nicht fertig gebracht werden können. Also gibt es dafür auch hindernde Einflüsse, und diese Einflüsse können nur in der Gegensätzlichkeit oder Feindseligkeit der Gefühle bestehen, welche die Anstrengung der Geister hemmen.

Die physischen Manifestationen haben, wie gesagt, großen Nutzen. Sie eröffnen dem Beobachter ein weites Feld, denn es ist eine ganze Reihe ungewöhnlicher Erscheinungen, die sich vor seinen Augen abspielen, und deren Folgen unberechenbar sind. Eine Versammlung kann sehr ernste Absichten verfolgen, wird aber ihr Ziel nicht erreichen sei es als Studium, sei es als Mittel der Überzeugung, wenn sie sich nicht günstige Bedingungen schafft. Die erste von allen ist nicht der Glaube der Anwesenden, sondern der Wunsch, sich zu informieren ohne Hintergedanken, ohne den vorgefassten Entschluss, selbst eine klare Tatsache zu verwerfen. Die zweite ist die Einschränkung der Anzahl ihrer Teilnehmer, um die Einmischung verschiedenartiger Elemente zu vermeiden. Wenn auch die physischen Manifestationen normalerweise von weniger fortgeschrittenen Geistern hervorgebracht werden, haben sie nichtsdestoweniger ein segensreiches Ziel, und die guten Geister begünstigen sie, jedes Mal wenn sie ein nützliches Ergebnis haben können.

Themeninhalte für Studien

343. Wenn man seine Eltern und Freunde, oder einige berühmte Personen gerufen hat, um ihre Meinungen jenseits des Grabes mit jenen zu vergleichen, welche sie bei Lebzeiten gehabt haben, so ist man oft in Verlegenheit, wie man die Unterredung weiterführen soll, um nicht in Alltägliches oder Nichtiges zu verfallen. Viele glauben außerdem, dass Das Buch der Geister die Reihe der Fragen über Moral und Philosophie erschöpft habe. Das ist ein Irrtum, weshalb es von Nutzen sein kann, die Quelle anzudeuten, aus der man sozusagen unendlich viele Themen für das Studium schöpfen kann.

344. Wenn die Anrufung berühmter Menschen, höherer Geister hauptsächlich durch die Belehrungen Wert hat, so jene der gewöhnlichen Geister nicht weniger, obwohl sie nicht im Stande sind, Fragen von höherer Bedeutung zu beantworten. Durch ihre Niedrigkeit stellen sie sich selbst dar, und je geringer der Abstand ist, der uns von ihnen trennt, desto mehr Beziehungen finden wir zu unserer eigenen Lage, abgesehen davon, dass sie uns oft charakteristische Züge von höchstem Interesse bringen, so wie wir es unter Nr. 281 erklärt haben, wo wir vom Nutzen der privaten Anrufungen sprachen. Es ist eine unerschöpfliche Fundgrube von Beobachtungen, wenn man die Menschen betrachtet, deren Leben Besonderheiten bieten, zum Beispiel wegen ihrer Todesart, ihres Alters, ihrer guten oder schlechten Eigenschaften ihrer glücklichen oder unglücklichen Lebenslage auf Erden, ihrer Gewohnheiten, ihres Geisteszustandes etc.

Mit den höheren Geistern erweitert sich der Rahmen der Studien. Außer den psychologischen Fragen, die ihre Grenze haben, kann man ihnen eine Menge moralischer Probleme vorlegen, die sich ins Unendliche erstrecken, über alle Lagen des Lebens, über das beste Verhalten in diesem oder jenem Fall, über unsere wechselseitigen Pflichten etc.

Der Wert der Unterweisung, welchen man über einen moralischen, historischen, philosophischen oder wissenschaftlichen Gegenstand erhält, hängt gänzlich vom Standpunkt des Geistes ab, welchen man fragt. Uns kommt es zu, dies zu beurteilen.

345. Außer den eigentlichen Anrufungen bieten die spontanen Mitteilungen unendliche Themen zum Studium. Sie bestehen darin, den Gegenstand abzuwarten, welchen die Geister behandeln möchten. Mehrere Medien können in einem solchen Fall gleichzeitig arbeiten. Manchmal kann man einen bestimmten Geist rufen. Gewöhnlich wartet man diejenigen ab, welche sich präsentieren wollen, und oft kommt einer auf unerwartete Weise. Diese Kundgebungen können dann zu einer Menge Fragen Anlass geben, deren Thema so ganz vorbereitet ist. Sie müssen mit Sorgfalt kommentiert werden, um alle Gedanken, die sie enthalten, zu studieren und zu beurteilen, ob sie das Siegel der Wahrheit tragen. Diese Prüfung wird, wenn sie in Ruhe vorgenommen wird, wie wir gesagt haben, die beste Garantie gegen ein Eindringen von Trug-Geistern. Aus diesem Grund, wie auch zur allgemeinen Belehrung, kann man diese Mitteilungen bekannt geben. Es gibt hierbei, wie man sieht, eine unerschöpfliche Quelle sehr ernster und lehrreicher Punkte.

346. Die Tätigkeiten jeder Sitzung können in folgender Art geregelt werden:

Lesen der spiritistischen Mitteilungen, die man in der vorigen Sitzung erhalten hat, und die ins Reine geschrieben wurden.

Verschiedene Berichte, Korrespondenz, Verlesung der spiritistischen Mitteilungen, die man außerhalb der Sitzungen erhaltenen hat. Beziehung zu Tatsachen, welche für den Spiritismus von Interesse sind.

Arbeitsstudien: Spontane Kommunikationen. Verschiedene an die Geister gerichtete Fragen und moralische Probleme. Anrufungen.

Konferenz: Kritische und analytische Prüfung der verschiedenen Botschaften. Diskussion über die verschiedenen Punkte der spiritistischen Wissenschaft.

347. Die entstehenden Gruppen sind manchmal in ihren Arbeiten durch Mangel an Medien behindert. Die Medien sind sicherlich eines der wesentlichen Elemente der spiritistischen Sitzungen, aber sie sind deshalb nicht das unentbehrliche Element, und man würde Unrecht haben zu glauben, dass ohne sie nichts tun wäre. Gewiss können diejenigen, die sich nur in der Absicht vereinigen, zu experimentieren, ohne Medium ebenso wenig tun, wie Musiker in einem Konzert ohne Instrumente. Die aber, welche das ernste Studium vor Augen haben, finden tausend ebenso nützliche, wie vorteilhafte Beschäftigungen, die sie gewiss selbst ausführen können. Übrigens können Versammlungen, welche Medien haben, könnten plötzlich ohne sein, und es wäre traurig, in diesem Fall zu glauben, die Versammlung auflösen zu müssen. Die Geister selbst können sie von Zeit zu Zeit in eine solche Lage bringen, um sie zu lehren, sie entbehren zu können. Wir sagen noch mehr, es ist notwendig, um von ihren Belehrungen Nutzen zu ziehen, eine gewisse Zeit dazu zu verwenden, über die Belehrungen nach- zudenken.

Die wissenschaftlichen Gesellschaften haben nicht immer die Werkzeuge für ihre Beobachtung vor Augen, und dennoch kommen sie nicht in Verlegenheit, Stoff zur Diskussion zu finden. In Abwesenheit der Dichter und Redner lesen und kommentieren die literarischen Gesellschaften die Autoren alter und neuer Zeit. Die religiösen Gesellschaften meditieren über die Heilige Schrift. Die spiritistischen Gesellschaften müssen dasselbe tun und sie werden für ihren Fortschritt einen großen Vorteil daraus ziehen, wenn sie Konferenzen einführen, wo man alles liest und kommentiert für oder wider den Spiritismus. Aus solcher Diskussion, wozu ein jeder das Scherflein seiner Überlegungen beiträgt, entspringen Erkenntnisse, die unbemerkt in individuelle Studien übergehen. Neben den Spezialwerken wimmeln die Zeitungen von Tatsachen, Erzählungen und Ereignissen, von tugendhaften und lasterhaften Handlungen, welche große moralische Probleme aufwerfen, die nur der Spiritismus zu lösen vermag, und hier ist ein Mittel, um zu beweisen, dass er alle Zweige der sozialen Ordnung berührt. Und wir behaupten, dass ein spiritistischer Gesellschaft, die ihre Arbeiten in diesem Sinne organisiert, indem sie sich nötiges Material verschafft, nicht genug Zeit finden würde für direkte Mitteilungen der Geistwesen. Deshalb machen wir hier auf die wahrhaft ernsten Gruppen aufmerksam, nämlich solche, denen mehr daran gelegen ist, sich zu informieren, als Zeitvertreib zu suchen. (Siehe Nr. 207 im Kapitel über die Ausbildung von Medien).

Rivalität unter den Gesellschaften

348. Die Gesellschaften, welche sich ausschließlich mit intellektuellen Mitteilungen befassen, und jene, welche sich auf das Studium der physischen Manifestationen verlegen, haben jede für sich ihre Aufgabe (Mission). Weder die einen noch die anderen würden im wahren Geist des Spiritismus handeln, wenn sie einander mit bösem Blick betrachten würden, und die, welche die anderen mit den Steinen bewerfen, würden schon dadurch den schlechten Einfluss beweisen, der sie beherrscht.

Alle müssen, obgleich auf verschiedenen Wegen, zum gemeinschaftlichen Ziel beitragen, welches in der Suche und Verbreitung der Wahrheit besteht. Ihre Gegnerschaft, die nur eine Wirkung von aufgestacheltem Hochmut wäre, könnte, indem sie dem Gegner Waffen liefert, der Sache nur schaden, welche sie zu verteidigen vorgeben.

349. Diese letzten Überlegungen beziehen sich gleichfalls auf alle Gruppen, die in irgendeinem Punkt von der spiritistischen Lehre abweichen. Wie wir in dem Kapitel über die Widersprüche schon erwähnt haben, beziehen sich diese meistens nur auf Nebensächlichkeiten, oft sogar nur auf einzelne Worte. Es wäre also kindisch, sich abzusondern, weil man nicht genau gleich denkt. Es wäre aber noch schlimmer, wenn die verschiedenen Gruppen oder Gesellschaften ein und derselben Stadt sich mit Eifersucht anblickten. Man begreift die Eifersucht zwischen Leuten, welche sich Konkurrenz machen und sich gegenseitig einen materiellen Nachteil zufügen können. Aber wenn es dabei keine Spekulation gibt, kann die Eifersucht nur eine niedrige Rivalität der Eigenliebe sein. Da es letztlich keine Gesellschaft gibt, die in ihrem Kreise alle Anhänger vereinigen kann, diejenigen, welche von wahrem Eifer beseelt sind die Wahrheit zu verbreiten, deren Ziel ausschließlich moralisch ist, es mit Vergnügen sehen, dass sich die Versammlungen mehren, und wenn es unter ihnen Konkurrenz gibt, muss diese darin bestehen, am meisten Gutes zu tun. Der Verein, welcher behaupten wollte, mit Ausschluss der übrigen, als einziger Recht zu haben, müsste es dadurch beweisen, dass er als Wahlspruch: „Liebe und Nächstenliebe“ nimmt und ausübt, denn das ist das Motto aller wahren Spiritisten. Wollen sie aber ihren Vorzug in der Erhabenheit der Geister sehen, die ihnen beistehen, so mögen sie dies durch die Erhabenheit der Belehrungen, die sie bekommen, und durch deren Anwendung auf sich selbst beweisen. Dies ist das untrügliche Kennzeichen, um die zu erkennen, welche auf dem besten Wege sind.

Einige mehr anmaßende als logische Geister versuchen manchmal, fremdartige und unpraktische Systeme einzuführen, unter Annahme verehrter Namen, mit denen sie sich schmücken, einzuführen. Der gesunde Menschenverstand erkennt bald diese Utopien, aber währenddessen können sie Zweifel und Ungewissheit unter die Anhänger säen. Daher rührt oft die Ursache vorübergehender Meinungsverschiedenheit. Außer den Mitteln, welche wir zur Beurteilung angeführt haben, gibt es ein anderes Kriterium, welches den Maßstab ihres Wertes abgibt. Es ist die Menge der Anhänger, welche sie aufnehmen. Die Vernunft sagt, dass ein System, welches den meisten Anklang unter den Massen findet, der Wahrheit näher sein muss, als jenes, welches von der Mehrheit verworfen wird und seine Anhänger abfallen sieht. Seid daher überzeugt, dass die Geister, welche die Diskussion ihrer Belehrungen scheuen, es darum tun, weil sie sich über deren Schwäche im Klaren sind.

350. Wenn der Spiritismus, wie uns von oben angekündigt wird, die Transformation der Menschheit herbeiführen soll, dann kann dies nur durch die Besserung der Massen geschehen, welche nur nach und nach geschehen kann, durch die Verbesserung der Individuen. Was nützt es, an das Dasein der Geister zu glauben, wenn uns dieser Glaube nicht besser, uns nicht wohlwollender und nachsichtiger gegenüber unseren Nächsten, demütig und geduldiger im Unglück macht? Was nützt es dem Geizigen Spiritist zu sein, wenn er geizig bleibt, dem Hochmütigen, wenn er immer noch voll Lobes von sich ist, dem Neidischen, wenn er immer noch neidisch ist? Alle Menschen könnten an Geistererscheinungen glauben, und die Menschheit unverändert bleiben. Das aber sind nicht die Absichten Gottes. Alle ernsten spiritistischen Gesellschaften müssen dem Ziel der Vorsehung nachkommen, indem sie alle um sich vereinigen, die von demselben Gefühl beseelt sind. Dann wird zwischen ihnen Einigkeit, Sympathie, Brüderlichkeit, und keine eitle, kindische Gegnerschaft der Eigenliebe, mehr dem Wort als der Sache nach, herrschen. Dann werden sie stark und mächtig sein, weil sie sich auf eine unerschütterliche Basis stützen werden: das Gute für alle, dann werden sie geachtet werden, und werden dem dummen Spotte Ruhe gebieten, weil sie im Namen der von allen geachteten evangelischen Moral sprechen werden.

Das ist der Weg, auf welchen wir den Spiritismus zu bringen bemüht sind. Die Fahne, welche wir hochstellen, ist die des christlichen und humanitären Spiritismus, und es macht uns glücklich, um diese Fahne schon so viele Menschen aus allen Weltteilen geschart zu sehen, weil sie begreifen, dass hier der Anker des Heils, die Stütze der öffentlichen Ordnung und das Signal einer neuen Ära für die Menschheit ist. Wir bitten alle spiritistischen Vereine, zu diesem großen Werk beizutragen. Mögen sie sich von einem Ende der Welt zum andern die Bruderhand reichen, und sie werden das Böse in einem unauflösbaren Netz in Banden legen.