Unterscheidung der guten und bösen Geister 262. Wenn die absolute Identität der Geister in vielen Fällen eine Nebenfrage und ohne Bedeutung ist, verhält es sich nicht so mit der Unterscheidung von guten und bösen Geistern. Ihre Individualität kann uns gleichgültig sein, ihr Charakter ist es niemals. Bei allen belehrenden Mitteilungen muss man daher die ganze Aufmerksamkeit auf diesen Punkt richten, denn nur er kann uns den Maßstab für das Vertrauen geben, das wir dem Geist schenken dürfen, der sich uns unter irgendeinem Namen kundgibt. Ist der Geist, der sich offenbart, gut oder böse? Zu welcher Klasse der geistigen Stufenleiter gehört er? Das ist die Hauptfrage. (Man sehe: Die geistige Stufenleiter im Buche der Geister, Nr. 100)
263. Wir haben gesagt, man beurteilt die Geister wie man die Menschen beurteilt, -nach ihrer Sprache. Nehmen wir an, ein Mensch erhält zwanzig Briefe von Personen, die ihm unbekannt sind. Am Stil, an den Gedanken und schließlich an einer Menge von Zeichen wird er beurteilen können, welche gebildet oder unwissend, höflich oder schlecht erzogen, oberflächlich, tiefsinnig, leichtfertig, stolz, ernst, leichtsinnig oder sentimental sind usw. Ebenso ist es bei den Geistern, man muss sie als Brieffreunde betrachten, die man noch nie gesehen hat, und soll sich fragen, was man von dem Wissen und dem Charakter eines Menschen denken würde, der solche Sachen sagt oder schreibt. Man kann es als eine unabänderliche Regel ohne Ausnahme betrachten, dass die Sprache der Geister immer dem Grad ihrer Reinheit angemessen ist. Nicht nur sagen die wahrhaft erhabenen Geister nur Gutes, sondern sagen es auch in Worten, welche mit absoluter Sicherheit jede Banalität ausschließt. Und so gut auch die Sachen sein mögen, wenn sie durch einen einzigen Ausdruck getrübt würden, welcher Gemeinheit andeutet, ist es ein unzweifelhaftes Zeichen von Niedrigkeit, und dies umso mehr, wenn der Gesamtinhalt der Mitteilung durch seine Grobheit den Anstand verletzt. Die Sprache verrät immer ihren Ursprung, sei es durch den mitgeteilten Gedanken, oder sei es durch die Form oder selbst dann, wenn uns ein Geist über seine angemaßte Erhabenheit täuschen wollte, genügt es, einige Zeit sich mit ihm zu unterhalten, um ihn beurteilen zu können.
264. Güte und Wohlwollen sind auch noch wesentliche Eigenschaften der reinen Geister. Sie hegen keinen Hass, weder gegen Menschen, noch gegen andere Geister. Sie bedauern die Schwächen, sie tadeln die Fehler, aber stets mit Mäßigung, ohne Erbitterung und ohne Feindseligkeit. Wenn man zugeben muss, dass die wahrhaft guten Geister nur Gutes wollen und nur Gutes sagen können, so wird man daraus schließen, dass alles, was in der Rede der Geister einen Mangel an Güte und Wohlwollen verrät, von keinem guten Geist kommen kann.
265. Intelligenz ist weit davon entfernt ein sicheres Zeichen von Erhabenheit zu sein, denn Intelligenz und Moral gehen nicht immer nebeneinander. Ein Geist kann gut und wohlwollend sein und beschränkte Kenntnisse haben, während ein intelligenter und gebildeter Geist moralisch sehr schlecht sein kann.
Man glaubt für gewöhnlich, dass, wenn man den Geist eines Menschen fragt, der auf Erden auf einem Fachgebiet wissend war, man sicherer die Wahrheit erhalten werde. Das ist logisch, aber dennoch nicht immer wahr. Die Erfahrung lehrt, dass die Gelehrten ebenso wie die anderen Menschen, besonders jene, welche die Erde vor kurzem verlassen haben, noch unter dem Einfluss der Vorurteile des irdischen Lebens stehen, sie entledigen sich nicht sofort von ihrer Lebensmeinung. Es kann also sein, dass sie unter dem Einfluss der Ideen, welchen sie im Leben nachgehangen und mit denen sie Ehrentitel erworben haben, weniger klar sehen, als wir meinen.
Wir stellen diese Behauptung nicht als eine Regel auf, weit gefehlt. Wir sagen nur, dass dies vorkommt und dass folglich ihr menschliches Wissen nicht immer einen Beweis ihrer Unfehlbarkeit als Geist ist.
266. Wenn man alle Mitteilungen einer strengen Prüfung unterzieht, wenn man die Denkweise und die Ausdrücke prüft und analysiert, wie man es tut, wenn es darum geht ein literarisches Werk zu beurteilen, wenn man alles verwirft was gegen die Logik und den gesunden Menschenverstand verstößt, was dem Charakter des Geistes widerspricht von dem man annimmt, das er sich manifestiert, dann entmutigt man die trügerischen Geister, die sich schließlich zurückziehen, ein für alle Mal überzeugt, dass sie uns nicht täuschen können. Wir wiederholen, dieses Mittel ist das einzige und es ist unfehlbar, denn es gibt keine schlechte Kundgebung, die einer strengen Kritik standhalten könnte. Die guten Geister fühlen sich dadurch nie beleidigt, weil sie es selbst raten, und weil sie von einer Prüfung nichts zu fürchten haben. Nur die schlechten Geister stoßen sich daran und raten davon ab, weil sie alles zu verlieren haben, und das eben beweist, wer sie sind.
Hier folgt der vom heiligen Ludwig zu diesem Thema erteilte Rat:
„So sehr euer Vertrauen gerechtfertigt ist, welches euch die Geister einflössen, die eure Arbeiten überwachen, so ist es eine Ermahnung, die wir euch nicht genug wiederholen können, und die ihr stets in Gedanken haben sollt, wenn ihr eure Studien betreibt, nämlich alle Mitteilungen, welche ihr bekommt, abzuwägen und reiflich zu überlegen, alle der strengsten Kontrolle der Vernunft zu unterwerfen und es ja nicht zu vernachlässigen, sobald euch ein Punkt verdächtig, zweifelhaft oder dunkel erscheint, die nötigen Klärungen zu verlangen, um euch zu festzulegen.“
267. Man kann die Mittel, die Qualität der Geister erkennen, in den nachfolgenden Grundsätzen zusammenfassen:
1) Es gibt keinen anderen Maßstab, um den Wert der Geister zu unterscheiden, als den gesunden Verstand. Eine jede zu die sem Zweck, selbst von den Geistern gegebene Formel ist absurd und kann nicht von höheren Geistern kommen.
2) Man beurteilt die Geister nach ihrer Sprache und nach ihren Handlungen. Die Handlungen der Geister sind die Gefühle, welche sie einflössen und die Ratschläge, welche sie erteilen. 3) Da man zugeben muss, dass die guten Geister nur Gutes sagen und tun können, kann alles Minderwertige nicht von einem guten Geiste kommen.
4) Die erhabenen Geister benutzen immer eine würdige, edle und erhabene Sprache ohne Beimischung von Plattitüden. Sie sagen alles mit Einfachheit und Bescheidenheit, rühmen sich nie, brüsten sich nie mit ihrem Wissen, noch mit ihrer Stellung unter den übrigen. Die Sprache der niederen oder gemeinen Geister hat immer einen Anstrich menschlicher Leidenschaften. Jeder Ausdruck welcher Selbstgefälligkeit, Arroganz, Prahlerei und Bissigkeit verrät, ist ein charakteristisches Zeichen der Niedrigkeit oder des Betruges, wenn sich der Geist unter einem geachteten und verehrten Namen präsentiert.
5) Man kann die Geister nicht nach materiellen Formen und nicht nach der Korrektheit des Stiles beurteilen, sondern muss den inneren Sinn ergründen, ihre Worte prüfen, sie kalt, reiflich und ohne Vorurteil abwägen. Jede Abweichung von der Logik, der Vernunft und der Weisheit kann über ihren Ursprung keinen Zweifel lassen, mit welch hohem Namen sich auch der Geist aufputzt. (224)
6) Die Sprache der erhabenen Geister ist immer gleich, wenn nicht der Form, wenigstens dem Kern nach. Die Gedanken sind dieselben, ohne Unterschiede der Zeit und des Ortes. Sie können nach den Umständen, den Bedürfnissen und nach den Möglichkeiten der Mitteilung mehr oder weniger entwickelt sein, aber sie werden sich nicht widersprechen. Wenn zwei Mitteilungen, die einander widersprechen, denselben Namen tragen, so ist eine offenbar falsch, und die wahrhafte wird die sein, wo dem bekannten Charakter der Person nichts widerspricht. Bei zwei Mitteilungen z.B., welche beide vom heiligen Vincenz de Paula gezeichnet sind und von denen die eine Eintracht und Nächstenliebe predigt, die andere aber Zwietracht zu säen versucht, kann sich wohl kein Mensch von gesundem Verstand täuschen.
7) Die guten Geister sagen nur, was sie wissen; sie schweigen oder bekennen ihre Unkenntnis über das, was sie nicht wissen. Die Schlechten reden über alles mit Bestimmtheit, ohne sich um die Wahrheit zu kümmern. Jede offenkundige, wissenschaftliche Irrlehre, jeder Grundsatz, welcher den gesunden Menschenverstand verletzt, zeigt den Betrug, obgleich sich der Geist für einen aufgeklärten Geist ausgibt.
8) Man erkennt die leichtfertigen Geister an der Leichtigkeit, mit der sie die Zukunft enthüllen und die materiellen Fakten präzisieren, die zu wissen uns nicht gegeben sind. Die guten Geister können die Zukunft fühlen lassen, wenn diese Kenntnis nützlich sein kann, aber sie geben die Daten nie genau an. Jede Ankündigung eines Ereignisses mit einer bestimmten Zeitangabe ist das Zeichen einer Mystifikation.
9) Die höheren Geister drücken sich einfach aus ohne Weitschweifigkeit. Ihr Stil ist bündig, ohne die Poesie der Gedanken und der Ausdrücke auszuschließen, für alle klar verständlich und kann ohne Anstrengung verstanden werden. Sie besitzen die Kunst, mit wenig Worten viel zu sagen, weil jedes Wort seine weittragende Bedeutung hat. Die niederen Geister oder Pseudogelehrten verbergen die Leere der Gedanken unter hochtrabendem Wortschwall. Ihre Sprache ist oft anmaßend, lächerlich oder dunkel durch das Bestreben tiefgründig zu erscheinen.
10) Die guten Geister befehlen niemals, sie drängen sich nie auf, sie raten nur, und wenn man ihnen nicht folgt, ziehen sie sich zurück. Die bösen sind hitzig, sie erteilen Befehle, sie wollen, dass man ihnen gehorcht, und bleiben allen zum Trotz. Jeder Geist, der sich aufdrängt, verrät seinen Ursprung. Sie sind in ihren Meinungen unduldsam und absolut und behaupten allein das Privileg für die Wahrheit zu haben. Sie fordern blinden Glauben und appellieren nicht an die Vernunft, weil sie wissen, dass die Vernunft sie entlarven würde.
11) Die guten Geister schmeicheln nie, sie begrüßen es, wenn man Gutes tut, aber immer mit Zurückhaltung. Die bösen Geister erteilen übertriebenes Lob, reizen zum Stolz und zur Eitelkeit während sie die Demut predigen und suchen die persönliche Wichtigkeit derer zu übertreiben, die sie zu fangen verstehen.
12) Die hohen Geister sind über die Kinderei der Form in allen Dingen erhaben. Die niederen Geister allein pflegen kleinlichen Einzelheiten Wichtigkeit beizulegen, die mit wahrhaft erhabenen Ideen unverträglich sind. Jede kleinliche Vorschrift ist ein sicheres Zeichen der Niedrigkeit und der Täuschung eines Geistes, der einen imposanten Namen annimmt.
13) Man muss den sonderbaren und lächerlichen Namen misstrauen, die gewisse Geister annehmen, die damit der Leichtgläubigkeit imponieren wollen. Es wäre im höchsten Grad unsinnig, diese Namen ernst zu nehmen.
14) Man muss auch jenen Geistern misstrauen, die sich zu leicht unter verehrten Namen vorstellen und ihre Worte nur mit der größten Zurückhaltung annehmen. Hier ist nämlich eine strenge Kontrolle unerlässlich, denn oft ist es nur eine Maske, die sie annehmen, um ihre angeblich innigen Beziehungen zu außergewöhnlichen Geistern glaubhaft zu machen. Durch dieses Mittel schmeicheln sie der Eitelkeit des Mediums und benützen es, um es oft zu bedauerlichen oder lächerlichen Schritten zu verleiten.
15) Die guten Geister sind sehr gewissenhaft in Bezug auf Dinge, die sie anraten können. Sie haben auf jeden Fall nur ein ernstes und höchst nützliches Ziel. Man muss daher alle als verdächtig betrachten, die diesen Charakter nicht haben oder von der Vernunft verurteilt werden, und reiflich überlegen, bevor man Dinge in Angriff nimmt, denn man würde sich sonst unangenehmen Mystifikationen aussetzen.
16) Man erkennt die guten Geister auch an der klugen Zurückhaltung all dessen, was jemanden bloßstellen könnte. Sie vermeiden Böses zu enthüllen. Die leichtfertigen oder übelwollenden Geister freuen sich, es aufzudecken. Während die guten Geister Unrecht zu mildern suchen und Nachsicht predigen, übertreiben es die Bösen und entfachen durch hinterhältige Einflüsterungen Zwietracht.
17) Die guten Geister schreiben nur Gutes vor. Jeder Grundsatz, jeder Ratschlag, der mit der reinen christlichen Nächstenliebe nicht vollständig im Einklang steht, kann kein Werk guter Geister sein.
18) Die guten Geister raten nur vollkommen vernünftige Sachen an. Jede Empfehlung, die vom geraden Weg, des gesunden Menschenverstandes und den unabänderlichen Naturgesetzen abweicht, deutet auf einen beschränkten Geist, und ist folglich des Vertrauens unwürdig.
19) Die bösen oder doch noch unvollkommenen Geister verraten sich auch noch durch materielle Zeichen, über die man sich nicht täuschen kann. Ihre Einwirkung auf das Medium ist manchmal gewalttätig und bringt bei diesen ungestümen und stoßweisen Bewegungen, eine fieberhafte und krampfhafte Hektik hervor, die von der Ruhe und Sanftmut der guten Geister absticht.
20) Die unvollkommenen Geister nutzen die Mittel, über welche sie verfügen, oft zum Erteilen trügerischer Ratschläge. Sie erregen Misstrauen, und Feindseligkeit gegen diejenigen, die ihnen widerwärtig sind, die ihre Betrügereien aufdecken können, sind besonders Gegenstand ihrer tiefen Abneigung. Die schwachen Menschen sind ihre Zielscheibe, um sie zum Bösen zu verleiten. Indem sie abwechselnd Scheinbeweise, bitteren Hohn, Verleumdungen bis hin zu materiellen Zeichen ihrer verborgenen Kraft benutzen, um besser zu überzeugen, trachten sie dieselben vom Pfad der Wahrheit abzulenken.
21) Die Geister der Menschen, welche auf dieser Erde eine bestimmte körperliche oder geistige Beschäftigung hatten, stehen noch unter der Herrschaft der irdischen Ideen und nehmen einen Teil der Vorurteile, Neigungen und selbst der Manien, welche sie hier unten hatten, mit sich, was man an ihrer Sprache leicht erkennen kann.
22) Die Kenntnisse, womit sich manche Geister oft brüsten, sind keine Zeichen ihrer Erhabenheit. Die unveränderliche Reinheit der moralischen Gefühle ist in dieser Beziehung der wahre Prüfstein.
23) Es genügt nicht einen Geist zu fragen, um die Wahrheit zu erfahren. Man muss vor allem wissen, an wen man sich wendet, denn die niederen und selbst unwissenden Geister beantworten leichtfertig die ernsthaftesten Fragen.
Es ist auch nicht genug, dass ein Geist auf der Erde ein großer Mann gewesen ist um in der geistigen Welt das höchste Wissen zu besitzen. Die Tugend allein kann, durch ihre Läuterung ihn Gott annähern und seine Kenntnisse erweitern.
24) Der Scherz von Seiten der höheren Geister ist oft fein und spitz, aber nie gemein. Bei den Spott-Geistern die nicht grob sind, ist der beissende Witz oft sehr treffend.
25) Wenn man den Charakter der Geister, die sich präsentieren, mit Sorgfalt studiert, besonders unter dem Gesichtspunkt der Moral, wird man ihre Natur und den Grad des Vertrauens, das man ihnen schenken darf, erkennen. Der gesunde Menschenverstand kann nicht irreführen.
26) Um die Geister so wie die Menschen beurteilen zu können, muss man zuerst sich selbst beurteilen können. Es gibt unglücklicherweise viele Menschen, welche ihre persönliche Meinung für den ausschließlichen Maßstab des Guten und Bösen oder des Wahren und Falschen annehmen. Alles, was ihrer Anschauungsweise, ihren Ideen widerspricht, ist in ihren Augen schlecht. Solche Leute besitzen offensichtlich nicht die erste Eigenschaft für eine gesunde Beurteilung, nämlich der Richtigkeit des Urteils, was sie aber nicht ahnen. Das ist ein Fehler, über welchen man sich nur zu oft täuscht.
Alle diese Belehrungen fließen aus der Erfahrung und dem von den Geistern erteilten Unterricht. Wir vervollständigen sie durch die Antworten, welche von ihnen selbst über die wichtigsten Punkte gegeben wurden.