DAS BUCH DER MEDIEN oder WEGWEISER FÜR MEDIEN UND ANRUFER

Allan Kardec

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NEUNZEHNTES KAPITEL
Rolle des Mediums bei den Geisterkundgebungen


• Einfluss des persönlichen Geistwesens auf das Medium • System träger Medien • Fähigkeit gewisser Medien für Dinge, die sie nicht kennen, wie Sprachen, Musik, Zeichnen • Abhandlung eines Geistwesens zu diesem Thema


Einfluss des persönlichen Geistwesens auf das Medium

223.

1.) Ist das Medium im Augenblick, in dem es von seiner Fähigkeit Gebrauch macht in vollkommen normalem Zustand?
„Es ist zuweilen in einer mehr oder weniger ausgeprägten Krise, die es ermüdet, weshalb es der Ruhe bedarf; am häufigsten aber weicht sein Zustand kaum merkbar vom normalen ab, besonders bei schreibenden Medien.“

2) Können die geschriebenen oder mündlichen Mitteilungen auch von dem im Medium inkarnierten Geist kommen?
„Die Seele des Mediums kann sich ebenso mitteilen, wie jede andere; wenn sie einen gewissen Grad der Freiheit genießt, so erlangt sie wieder die Eigenschaften des Geistes. Ihr habt hiervon den Beweis in der Seele lebender Personen, die euch zu besuchen kommen, und sich euch auch schriftlich mitteilen, ohne dass ihr sie ruft. Denn wisst wohl, unter den Geistern, welche ihr anruft, befinden sich einige, die auf der Erde noch inkarniert sind, sie sprechen dann mit euch als Geister und nicht als Menschen. Warum wollt ihr, dass es sich bei einem Medium nicht ebenso verhält?”

2a) Scheint diese Erklärung nicht die Ansicht derer zu bestätigen, welche glauben, dass alle Kommunikationen vom Geist des Mediums und nicht von anderen Geistern herrühren?
„Sie haben nur darum unrecht, weil sie kompromisslos sind, denn es ist gewiss dass der Geist des Mediums durch sich selbst handeln kann, aber das ist noch kein Grund, warum andere nicht auch durch seine Vermittlung handeln könnten.“

3) Wie kann man unterscheiden, ob der Geist, welcher antwortet, jener des Mediums oder ein fremder ist?
„An der Beschaffenheit der Mitteilungen. Studiert die Umstände und die Sprache und ihr werdet es erkennen. Es kommt besonders im Zustand des Somnambulismus oder der Ekstase vor, dass der Geist des Mediums sich manifestiert, weil er dadurch viel freier ist, aber im normalen Zustand ist es viel schwieriger. Es gibt übrigens Antworten, die man ihm unmöglich zuschreiben kann, deshalb sage ich auch: Studiert und beobachtet!“

Anmerkung: Wenn eine Person zu uns spricht, können wir leicht unterscheiden, was von ihr kommt von dem was wie ein Echo ihrer Aussage darstellt. So ergeht es den Medien.

4) Da der Geist des Mediums in seinen früheren Existenzen sich Kenntnisse erworben haben kann, die er unter seiner körperlichen Hülle vergessen hat, deren er sich aber als Geist erinnert, kann er die Mitteilungen, welche die Tragweite seiner Ausbildung zu überschreiten scheinen, nicht aus seinem Kenntnisvorrat schöpfen?
„Das geschieht oft im Zustand der somnambulen und ekstatischen Krise. Aber noch einmal, es gibt Umstände, die keinen Zweifel zulassen; studiert lange und denkt nach.“

5) Sind Mitteilungen welche vom guten Geist des Mediums herrühren, immer niedrigerer Art, als durch fremde Geister gegeben?
„Immer? Nein, denn der fremde Geist kann selbst einer niederen Klasse der Geister angehören und in diesem Fall weniger verständig sprechen. Man sieht es im Somnambulismus; denn hier ist es oft der Geist des Somnambulen, der sich manifestiert und doch zuweilen sehr verständig redet.“

6) Überträgt der Geist, welcher sich durch ein Medium mitteilt, seinen Gedanken unmittelbar oder hat dieser Gedanke den im Medium einverleibten Geist zum Vermittler?
„Es ist der Geist des Mediums der als Vermittler dient, weil er mit dem Körper verbunden ist, der zum Sprechen dient und weil wohl ein Band zwischen euch und den fremden Geistern, die sich mitteilen vorhanden sein muss, ebenso wie ein elektrischer Draht nötig ist, um eine Nachricht in die Ferne zu überbringen und eine intelligente Person, welche sie empfängt und überträgt.“

7) Übt der im Medium einverleibte Geist einen Einfluss auf die Mitteilungen aus, die er übertragen soll und die von den fremden Geistern kommen?
„Ja, wenn es ihm nicht angenehm ist, kann er ihre Antworten abändern und sie seinen eigenen Ideen und Neigungen anpassen; aber er beeinflusst die Geister nicht, er ist nur ein schlechter Vermittler.“

8) Ist das die Ursache, warum die Geister gewissen Medien den Vorzug geben?
„Es gibt keine anderen; sie suchen einen Dolmetscher, der mit ihnen am meisten sympathisiert und ihre Gedanken am vollständigsten wiedergibt. Wenn zwischen ihnen keine Sympathie besteht, ist der Geist des Mediums ein Gegner, der einen gewissen Widerstand mit sich bringt und zu einem böswilligen und oft ungetreuen Dolmetscher wird. Es verhält sich ebenso bei euch, wenn die Meinung eines Weisen durch den Mund eines ungebildeten oder unredlichen Menschen vorgetragen wird.”

9) Man begreift, dass es bei den intuitiven Medien so ist, aber nicht bei den mechanischen?
„Ihr habt kein klares Verständnis der Rolle, die ein Medium spielt, da waltet ein Gesetz, welches ihr noch nicht begriffen habt. Erinnert euch, dass der Geist zur Bewegung eines Körpers einen Teil lebenskräftigen Fluidums benötigt, welches er vom Medium borgt, um den Tisch vorübergehend zu beleben, damit dieser seinem Willen gehorcht. Nun begreift daraus auch, dass er zu einer intelligenten Mitteilung auch eines intelligenten Vermittlers, nämlich des Geistes des Mediums bedarf.“

9a) Dieses scheint nicht auf die so genannten sprechenden Tische anwendbar zu sein; denn wenn die leblosen Gegenstän de, wie Tische, Brettchen und Körbe intelligente Antworten geben, so scheint es, dass der Geist des Mediums dabei nichts zu tun hat?
„Das ist ein Irrtum; der Geist kann dem trägen Körper vorübergehend ein künstliches Leben aber keine Intelligenz geben. Noch niemals war ein unbelebter Körper intelligent. Es ist daher der Geist des Mediums, der, ohne es zu wissen, den Gedanken erhält und ihn mit Hilfe verschiedener, Vermittler nach und nach weiterleitet.“

10) Es hat nach diesen Erklärungen den Anschein, dass der Geist des Mediums niemals passiv ist?
„Er ist passiv, wenn er seine Gedanken nicht denen des fremden Geistes beimischt, aber er ist nie absolut wertlos. Seine Mithilfe ist als Vermittler immer nötig, selbst bei solchen die ihr mechanische Medien nennt.“

11) Gibt es nicht mehr Garantie der Unabhängigkeit bei einem mechanischen als bei einem intuitiven Medium?
„Ohne Zweifel, und für gewisse Mitteilungen ist ein mechanisches Medium vorzuziehen, aber wenn man die Fähigkeiten eines intuitiven Mediums kennt, wird es unter Umständen gleichgültig. Ich will damit sagen, dass es Mitteilungen gibt, die weniger Genauigkeit fordern.“

System träger Medien

12) Unter den verschiedenen Systemen, welche zur Erklärung der spiritistischen Phänomene aufgestellt wurden, gibt es eines, das in der Ansicht besteht, dass die wahre Medialität in einem toten Körper läge, z.B. in dem Körbchen oder in einer Pappschachtel, die als Werkzeug dient, dass sich der fremde Geist mit diesem Gegenstand identifiziere und denselben nicht nur lebend, sondern auch intelligent mache; daher die Benennung: träge Medien, die man diesen Sachen beigelegt hat. Was denkt ihr davon?
„Darüber ist nur ein Wort zu sagen, nämlich: Wenn der Geist der Pappschachtel die Intelligenz zugleich mit dem Leben übertragen hätte, so würde die Pappschachtel auch selbst ohne Medium schreiben. Es wäre sonderbar, dass der intelligente Mensch zur Maschine herabsinken und ein Körper intelligent werden solle. Es ist eines jener zahlreichen Systeme, welche aus einer vorgefassten Meinung entsprungen sind, und die, wie viele andere durch Erfahrung und Beobachtung nicht standhalten.“

13) Eine wohlbekannte Erscheinung könnte die Meinung glaubwürdig erscheinen lassen, dass es im belebten trägen Körper mehr als das bloße Leben, nämlich noch die Intelligenz gäbe, wie bei den Tischen, Körben usw., welche durch ihre Bewegung Zorn oder Zuneigung ausdrücken?
„Wenn ein Mensch einen Stock im Zorn schwingt, so befindet sich nicht der Stock im Zorn, auch nicht die Hand, welche den Stock hält, wohl aber der Gedanke, der die Hand lenkt. Der Tisch und die Körbe sind nicht intelligenter als der Stock. Sie haben kein intelligentes Sinneswerkzeug, sondern sie gehorchen einer Intelligenz. Mit einem Wort, es ist nicht der Geist, der sich in ein Körbchen verwandelt, noch wählt er sich darin eine Wohnung.“

14) Wenn es nicht vernünftig ist, diesen Gegenständen Intelligenz zuzuschreiben, kann man sie als eine Variante der Medien betrachten unter dem Namen: „träge Medien“?
„Das ist eine Frage der Worte, die uns weniger angeht, wenn ihr euch nur versteht. Es steht euch frei, einen Menschen eine Marionette zu nennen.“

15) Die Geister haben nur die Gedankensprache, sie besitzen die artikulierte Sprache nicht, deshalb gibt es für sie nur eine einzige Sprache; danach könnte ein Geist sich auf medialem Weg in einer Sprache ausdrücken, die er zu seinen Lebzeiten niemals gesprochen hat. Wo nimmt er in diesem Fall die Worte her, derer er sich bedient?
„Ihr habt euch schon selbst soeben die Antwort auf eure Frage gegeben, indem ihr sagt, dass die Geister nur eine und zwar die Gedankensprache haben. Diese Sprache ist allen, sowohl den Menschen als auch den Geistern verständlich. Der wandelnde Geist spricht, wenn er sich an den inkarnierten Geist des Mediums wendet, weder französisch noch englisch, sondern in der allgemeinen Sprache, welche die des Gedankens ist; um seine Ideen in eine artikulierte übersetzbare Sprache zu kleiden, schöpft er die Worte aus dem Wortreichtum des Mediums.“

Fähigkeit gewisser Medien für Dinge, die sie nicht kennen, wie Sprachen, Musik, Zeichnen

16) Wenn dem so ist, so sollte sich der Geist nur in der Sprache des Mediums ausdrücken können, während man sieht, dass er auch in Sprachen schreibt, die dem Medium unbekannt sind. Ist darin kein Widerspruch?
„Zuerst bedenkt, dass nicht alle Medien zu dieser Art Übungen gleich geeignet sind, und dann, dass sich die Geister dazu nur manchmal herablassen, wenn sie erachten, es könnte nützlich sein; aber für die üblichen Mitteilungen und jene von einer gewissen Ausdehnung ziehen sie es vor, sich einer dem Medium bekannten Sprache zu bedienen, weil ihnen diese weniger materielle bietet.”

17) Kommt die Fähigkeit gewisser Medien, in einer ihnen unbekannten Sprache zu schreiben, nicht daher, weil ihnen diese Sprache in einer früheren Existenz geläufig war, und sie davon die Vermutung behalten haben?
„Das kann gewiss der Fall sein, aber nicht die Regel. Der Geist kann mit einiger Anstrengung zeitweilig den materiellen Widerstand, dem er begegnet, überwinden. Dasselbe geschieht, wenn das Medium in seiner Sprache schreibt, mit jenen Worten, die es nicht kennt.“

18) Wenn eine Person nicht schreiben kann, könnte sie als Medium schreiben?
„Ja, aber es ist begreiflich, dass es dann noch mehr materielle Hindernisse zu überwinden gibt, da die Hand nicht gewohnt ist, die nötige Bewegung zu machen, um die Buchstaben zu bilden. Ebenso verhält es sich bei zeichnenden Medien, welche sonst gar nicht zeichnen können.“

19) Könnte ein wenig intelligentes Medium Mitteilungen einer höheren Art übertragen?
„Ja, aus demselben Grund, wie ein Medium in einer Sprache schreiben kann, welche es gar nicht kennt. Die sogenannte Medialität ist von der Intelligenz ebenso wie von den seelischen Eigenschaften unabhängig, und in Ermangelung eines besseren Werkzeuges kann sich der Geist desjenigen bedienen, welches er zur Hand hat. Aber es ist natürlich, dass er für Mitteilungen einer gewissen Art das Medium vorzieht, welches ihm die wenigsten materiellen Schwierigkeiten bietet. Dann noch eine Bemerkung: Ein geistig Behinderter ist oft nur wegen der Unvollkommenheit seiner Organe ein behindert. Sein Geist aber kann mehr als ihr glaubt, fortgeschritten sein. Ihr habt davon den Beweis in den Anrufungen verstorbener oder lebender gestig Behinderter.“

Anmerkung: Dies ist eine durch die Erfahrung festgestellte Tatsache. Wir haben mehrere Male lebende geistig Behinderte angerufen, welche offenbare Beweise ihrer Identität gegeben haben und auf eine sehr sinnige und selbst erhabene Art geantwortet haben. Dieser Zustand ist eine Strafe für den Geist, der unter der Beschränkung leidet, in der er lebt. Ein behindertes Medium kann also manchmal dem Geist, der sich manifestieren will, mehr Hilfe bieten als man glaubt.

20) Woher kommt die Fähigkeit gewisser Medien, in Versen zu schreiben, obwohl sie von der Poesie nichts verstehen?
„Die Poesie ist eine Sprache; sie können in Versen schreiben, wie sie in einer ihnen fremden Sprache schreiben können, und dann können sie in einer früheren Existenz Dichter gewesen sein; die erworbenen Kenntnisse sind für den Geist nie verloren, der in allen Sachen zur Vollkommenheit emporsteigen muss. Dann gibt ihnen das, was sie gewusst haben, ohne dass sie es merken eine Leichtigkeit, die sie im gewöhnlichen Zustand nicht haben.“

21) Verhält es sich auch so bei denen, die eine besondere Befähigung für Zeichnen und Musik haben?
„Ja, denn Musik und Zeichnen sind auch Ausdrucksweisen des Gedankens. Die Geister bedienen sich der Instrumente, die ihnen die geringsten Schwierigkeiten bieten.”

22) Hängt der Ausdruck des Gedankens durch Poesie, Zeichnung oder durch Musik einzig und allein von der speziellen Befähigung des Mediums oder jener des Geistes ab?
„Oft vom Medium, zuweilen vom Geist. Die höheren Geister besitzen alle Fähigkeiten; die niederen haben beschränkte Kenntnisse.“

23) Warum hat der Mensch, der überlegenes Talent in einer Existenz hatte, es nicht mehr in einer folgenden?
„Nicht immer verhält es sich so, denn oft vervollständigt er in einer Existenz das, was er in einer vorhergehenden begonnen hat. Aber es kann auch sein, dass eine vorherrschende Fähigkeit eine gewisse Zeit lang schlummert, damit sich eine andere freier entwickeln kann. Es ist ein verborgener Keim, welcher sich später wieder finden wird und wovon immer einige Spuren oder wenigstens eine unbestimmte Kenntnis vorhanden bleiben.“

224. Der fremde Geist versteht ohne Zweifel alle Sprachen, weil die Sprachen der Ausdruck des Gedankens sind und weil der Geist durch den Gedanken versteht; aber um diesen Gedanken wiederzugeben, ist ein Instrument nötig, und dieses Instrument ist das Medium. Die Seele des Mediums, welche den Gedanken empfängt, kann ihn nur durch die Organe seines Körpers übertragen. Nun also können diese Organe für eine unbekannte Sprache nicht jene Flexibilität haben, welche sie für eine ihnen bekannte Sprache besitzen. Ein Medium, welches nur die französische Sprache versteht, kann wohl gelegentlich z.B. eine Antwort in englischer Sprache geben, wenn es dem Geist so gefällt; aber die Geister, welche die menschliche Sprache im Vergleich zur Schnelligkeit des Gedankens schon zu langsam finden, und sie deshalb so gut sie können abkürzen, werden über den mechanischen Widerstand, den sie bei Medien erfahren, ungeduldig, Das ist auch der Grund, warum ein anfangendes Medium, welches schwer und mit Langsamkeit selbst in seiner eigenen Sprache schreibt, gewöhnlich nur kurze Antworten ohne Erweiterung erhält. Auch raten die Geister, durch seine Vermittlung nur einfache Fragen zu stellen. Für Fragen von hoher Tragweite braucht man ein ausgebildetes Medium, welches dem Geist kein mechanisches Hindernis entgegenstellt. Wir nehmen uns zum Vorleser nicht einen Schüler, welcher lernt zu buchstabieren. Ein guter Arbeiter bedient sich nicht gerne schlechter Werkzeuge.

Fügen wir noch eine Bemerkung von großer Wichtigkeit in Bezug auf die fremden Sprachen bei. Die Versuche dieser Art werden stets aus Neugier und als Experimente gemacht. Jedoch nichts ist den Geistern mehr zuwider, als die Proben, denen man sie zu unterziehen versucht. Die höheren Geister geben sich dazu nie her und entfernen sich, wenn man diesen Weg zu betreten beabsichtigt. So sehr sie die nützlichen und ernsten Sachen lieben, so sehr widerstrebt es ihnen, sich mit unnützen Dingen und ohne Zweck zu beschäftigen. Es geschieht, werden uns die Ungläubigen sagen, um uns zu überzeugen, und das ist ein nützliches Ziel, weil man dadurch für die Sache der Geister Anhänger wirbt. Darauf antworten die Geister: „Unsere Sache hat jene nicht nötig, welche so viel Stolz besitzen, sich für unentbehrlich zu halten; wir rufen jene zu uns, die wir wollen, und das sind oft die Geringsten und Demütigsten. Hat Jesus die von den Schriftgelehrten begehrten Wunder gewirkt? Und welcher Menschen hat er sich bedient, um die Welt zu bekehren? Wollt ihr euch überzeugen, so habt ihr andere Mittel als Kunststückchen. Fangt damit an, euch zu unterwerfen; es ist nicht in Ordnung, dass der Schüler seinem Lehrer seinen Willen aufzwingt.“

Daraus folgt, dass bis auf einige Ausnahmen das Medium den Gedanken der Geister durch die körperlichen Mittel wiedergibt, die ihm zur Verfügung stehen, und dass der Ausdruck dieses Gedankens bei der Unvollkommenheit dieser Mittel sehr häufig getadelt werden kann und sogar getadelt werden muss. So kann ein ungebildeter Mensch, ein dummer Bauer die schönsten Sachen sagen, die erhabensten und weisesten Gedanken ausdrücken, indem er wie ein Bauer spricht; denn man weiß: Für die Geister beherrscht der Gedanke alles. Das ist die Antwort auf den Einwand gewisser Kritiker wegen der Inkorrektheit des Stiles und der Orthographie, welchen man den Geistern vorwerfen kann und welche ebenso gut vom Medium wie von den Geistern verschuldet sein kann.

Es ist aber erbärmlich sich an solche Sachen zu halten. Nicht minder kindisch ist es, sich zu bemühen, diese Unrichtigkeiten mit der größten Gewissenhaftigkeit wiederzugeben, wie wir auch manchmal beobachteten. Man kann sie daher ohne Skrupel verbessern, es sei denn, dass sie ein charakteristisches Zeichen des Geistes wären, der sich mitteilt, in welchem Falle es nützlich ist, sie als einen Beweis der Identität beizubehalten. So haben wir denn einen Geist beständig schreiben sehen “Jule” (ohne s), wenn er zu seinem Enkel sprach; weil er bei seinen Lebzeiten auf diese Art geschrieben hat, obwohl sein Enkel, der ihm als Medium diente, seinen Namen vollkommen zu schreiben verstand.

Abhandlung eines Geistwesens zur Rolle der Medien

225. Die folgende von einem höheren Geist, der sich durch Mitteilungen der erhabensten Art ausgezeichnet hat, spontan gegebene Abhandlung bezieht sich deutlich und vollständig auf die Frage nach der Rolle der Medien:

„Wie die Natur der schreibenden Medien auch beschaffen sein mag, seien sie mechanisch, halbmechanisch oder einfach intuitiv, so ändert sich unsere Art, sie zu benutzen, bei den Mitteilungen nicht wesentlich. In der Tat verkehren wir mit den inkarnierten Geistern ebenso wie mit den eigentlichen Geistern nur durch das Ausstrahlen unseres Gedankens. Unsere Gedanken brauchen nicht erst in das Kleid eines Wortes gehüllt zu werden, um den Geistern verständlich zu sein, und alle Geister empfangen den einen Gedanken, welchen wir ihnen mitzuteilen wünschen, schon allein dadurch, dass wir diesen Gedanken an sie richten, und zwar entsprechend ihrer intellektuellen Fähigkeiten, d.h. dass irgendein Gedanke durch diesen oder jenen Geist vermöge seines Fortschritts verstanden werden kann, während derselbe Gedanke bei andern Geistern keine Erinnerung, keine Kenntnis in ihrem Gefühl oder in ihrem Verständnis wachruft, und deshalb für sie unverständlich ist. In solchem Fall ist für uns der inkarnierte Geist, welcher uns, als Medium dient, geeigneter, unsere Gedanken an einen anderen Inkarnierten weiterzugeben, obwohl er selbst wie ein nicht inkarnierter und wenig fortgeschrittener Geist ihn nicht versteht, wenn wir uns seiner als Vermittler bedienten. Denn das irdische Wesen leiht uns seinen Körper als Werkzeug, was der wandelnde Geist nicht vermag.

Wenn wir daher bei einem Medium dessen Gehirn mit den in seinem gegenwärtigen Leben erworbenen Kenntnissen und seinen Geist reich an schlummernden, früher erworbenen Kenntnissen ausgerüstet finden, die geeignet sind, unsere Mitteilungen zu erleichtern, so bedienen wir uns derselben vorzugsweise, weil das Phänomen der Mitteilung für uns mit ihm viel leichter ist, als mit einem Medium, dessen Intelligenz beschränkt und dessen frühere Kenntnisse ungenügend geblieben waren. Wir wollen uns durch einige deutliche und bestimmte Erklärungen begreiflich machen.

Mit einem Medium dessen gegenwärtige oder frühere Intelligenz sich in fortschreitender Entwicklung befindet, teilt sich unser Gedanke auf der Stelle von Geist zum Geist damit einer dem Wesen des Geistes selbst innewohnenden Fähigkeit mit. In diesem Fall finden wir im Gehirn des Mediums die nötigen Elemente, um unseren Gedanken das Kleid eines entsprechenden Wortes zu geben und dies immer, mag das Medium intuitiv, halbmechanisch oder rein mechanisch sein. Deshalb tragen die durch ein solches Medium diktierten Mitteilungen so verschieden die sich offenbarenden Geister auch sein mögen, ein diesem Medium eigentümliches Gepräge an Form und Farbe, obwohl sie von verschiedenen Geistern herrühren. Ja, obwohl ihm der Gedanke fremd sein kann, obwohl der Gegenstand aus dem Rahmen herausfällt, in welchem er sich gewöhnlich bewegt, obwohl das, was wir sagen wollen, durchaus nicht von ihm kommt, beeinflusst er nicht weniger die Form durch die Eigenschaften und die seiner Individualität entsprechenden Eigenheiten. Es ist gerade so, wie wenn ihr verschiedene Gesichtspunkte durch schattierte teils grüne, teils weisse oder blaue Augengläser betrachtet. Obgleich diese Gesichtspunkte oder betrachteten Gegenstände gänzlich entgegengesetzt und die einen von den andern gänzlich unabhängig sind, behalten sie dennoch immer einen Anstrich, der von der Farbe des Augenglases herrührt. Oder besser, vergleichen wir die Medien mit Bechern, die mit gefärbten und durchsichtigen Flüssigkeiten gefüllt sind, wie man sie in den Regalen von Apotheken und Drogerien sieht; nun denn, wir sind wie Lichter, die gewisse moralische, philosophische und innere Gesichtspunkte durch blaue, grüne oder rote Medien betrachten, so dass unsere Lichtstrahlen genötigt sind, durch mehr oder weniger geschliffene, mehr oder weniger durchsichtige Gläser zu passieren, das heißt: durch mehr oder weniger intelligente Medien, - sodass die Gegenstände, die wir erklären wollen, den Anstrich, oder besser gesagt die eigene und besondere Form dieser Medien annehmen. Endlich, um mit einem letzten Vergleich abzuschließen, wir Geister sind wie Künstler, die eine Arie komponiert haben oder improvisieren wollen, und wir haben nur ein Piano, eine Violine, eine Flöte ein Fagott oder gar nur ein Zweikreuzerpfeifchen bei der Hand. Es ist begreiflich, dass wir mit dem Piano, der Flöte oder mit der Violine unser Stück auf eine für unsere Zuhörer sehr verständliche Art ausführen werden. Obwohl nun die vom Piano, dem Fagott oder der Klarinette kommenden Töne wesentlich von einander verschieden sind, so wird die Verschiedenheit der Töne abgerechnet, unsere Komposition trotzdem ein und dieselbe sein. Wenn wir aber nur ein Zweikreuzerpfeifchen oder den Trichter eines Brunnenmachers zur Verfügung haben, so werden wir weniger verständlich.

Darin besteht die Schwierigkeit. In der Tat, wenn wir gezwungen sind, uns eines wenig fortgeschrittenen Mediums zu bedienen, so wird unsere Arbeit viel länger, viel mühsamer, weil wir unsere Zuflucht zu unvollständigen Formen nehmen, was für uns ein Hindernis ist; dann sind wir gezwungen, unsere Gedanken zu zergliedern, und Wort für Wort, Buchstabe für Buchstabe vorzunehmen, was uns langweilig und ein wahres Hindernis für Schnelligkeit und Entwicklung unserer Kundgebungen ist.

Deshalb sind wir glücklich, wohlunterrichtete, gut geschulte, mit fertigen Materialien zur Ausübung versehene Medien, mit einem Wort gute Werkzeuge zu finden; weil dann unser Perispirit beim Einwirken auf den Perispirit dessen, den wir medial beherrschen, nur der Hand, die uns als Feder oder Bleistifthalter dient, den Impuls zu geben braucht; während wir mit einem mangelhaften Medium gezwungen sind, eine ähnliche Arbeit zu verrichten, wie wenn wir uns durch Schläge mitteilen, d.h. dass wir Buchstaben für Buchstaben, Wort für Wort und jeden Satz bezeichnen müssen, der die Übersetzung unserer Gedanken bildet, die wir offenbaren wollen.

Das ist der Grund, dass wir uns vorzugsweise an die aufgeklärten und gebildeten Klassen gewendet haben, um den Spiritismus zu verbreiten, und die mediale Schreibfähigkeit zu entwickeln, obgleich man in diesen Klassen die ungläubigsten, widerspenstigsten und die unmoralischsten Individuen findet. Das ist auch der Grund, dass wir heutzutage den wenig fortgeschrittenen und zu Kunststücken geneigten Geistern die Ausübung der physischen Manifestationen überlassen, genauso wie die wenig ernsthaften Menschen unter euch, die Phänomene, die Auge und Ohr, erstaunen, den rein geistigen und psychischen vorziehen.

Wenn wir zu spontanen Kundgebungen schreiten wollen, wirken wir auf das Gehirn und die Register des Mediums und vereinigen die von ihm gelieferten Elemente mit unseren Materialien, und alles dies ohne Wissen des Mediums; es ist so als wenn wir uns aus seiner Börse die Summe, die er darin haben kann, nehmen würden, um die verschiedenen Münzsorten in die Ordnung zu bringen, welche uns als die nützlichste erscheint.

Wenn uns aber ein Medium auf eine oder die andere Art befragen will, so ist es nötig, vorher ernstlich darüber nachzudenken, um uns auf eine methodische Art zu befragen und uns auf diese Weise die Antwort zu erleichtern. Denn wie euch schon gelegentlich in einer anderen Belehrung gesagt worden ist, befindet sich euer Gehirn oft in einer unentwirrbaren Unordnung, und für uns ist es ebenso mühsam wie schwierig, uns in dem Irrgang eurer Gedanken zu bewegen. Wenn Fragen durch einen dritten gestellt werden sollen, ist es ratsam und nützlich, die Reihe der Fragen dem Medium im Voraus mitzuteilen, damit dieses sich mit dem Geist des Fragenden identifiziert, und ihn sozusagen in sich aufnimmt; denn wir haben es dann viel leichter, zu antworten, dank der Ähnlichkeit, die zwischen unserem Perispirit und jenem des Mediums besteht, das uns zum Vermittler dient.

Gewiss, wir können auch über Mathematik reden, mittels eines Mediums, das darin ganz unbewandert ist, aber oft besitzt der Geist des Mediums diese Kenntnis im latenten Zustand, das heißt persönlich, im fluidischen und nicht im inkarnierten Wesen, weil sein gegenwärtiger Körper ein sich dieser Kenntnis widersetzendes oder im Widerspruch dazu stehendes Werkzeug ist. Ebenso verhält es sich mit Astronomie, Poesie, Medizin und den verschiedenen Sprachen, sowie mit allen anderen besonderen Kenntnissen des menschlichen Geschlechtes. Außerdem haben wir noch das Mittel einer mühsamen Erarbeitung von behandelten Gegenständen, die dem Medium ganz fremd sind, wo wir dann die Buchstaben und Worte wie in einer Buchdruckerei sammeln.

Wie wir schon gesagt haben, brauchen die Geister ihren Gedanken nicht einzukleiden; sie erkennen den Gedanken und teilen ihn schon allein durch die Tatsache mit, dass er sich in ihnen befindet, wogegen die inkarnierten Wesen den Gedanken nur in Worte gehüllt auffassen können. Während für euch der Buchstabe, das Wort, das Haupt- und Zeitwort, mit einem Wort der Satz nötig ist, um ihn selbst mental aufzunehmen, ist für uns weder eine sichtbare noch tastbare Form erforderlich. (Erastus und Timotheus)

Anmerkung: Diese Analyse der Rolle der Medien und des Vorgangs mit Hilfe dessen sich die Geister mitteilen, ist ebenso klar wie logisch. Daraus fließt der Grundsatz, dass der Geist nicht seine Ideen, sondern die nötigen Materialien, um sie auszudrücken, aus dem Gehirn des Mediums schöpft, und dass, je reicher dieses Gehirn an Materialien ist, ihnen die Mitteilung umso leichter fällt. Wenn der Geist sich in einer dem Medium vertrauten Sprache ausdrückt, findet er in ihm die Worte schon formiert, um den Gedanken einzuhüllen; in einer fremden Sprache, findet er darin nicht die Worte, sondern einfach die Buchstaben, deshalb ist der Geist gezwungen, sozusagen Buchstabe für Buchstabe zu diktieren, genau wie wenn wir jemand deutsch schreiben lassen wollten, der nicht ein einziges Wort versteht. Wenn das Medium weder lesen noch schreiben kann, ist es nicht einmal im Besitze der Buchstaben; man muss daher seine Hand so führen, wie bei einem Schüler, und da ist natürlich eine materiell noch größere Schwierigkeit zu überwinden. Diese Erscheinungen liegen im Bereich der Möglichkeit und man hat davon zahlreiche Beispiele; aber man begreift, dass ein so gearteter Vorgang sich mit der Ausdehnung und Schnelligkeit der Mitteilungen wenig verträgt und dass die Geister die besten Werkzeuge, oder wie sie sagen, die für ihre Zwecke am besten ausgebildete Medien vorziehen. Wenn die, welche diese Erscheinungen als Mittel für ihre Überzeugung begehren, vorher die Theorie studiert hätten, würden sie wissen, unter welchen außergewöhnlichen Bedingungen sie geschehen.